Volker Braun im Autorenporträt

30.8.2010, 00:00 Uhr
Volker Braun im Autorenporträt

Der in Dresden geborene und in Berlin lebende Lyriker, Dramatiker und Romancier war einer der bedeutendsten Schriftsteller der untergegangenen DDR, und er gehört zu den vielseitigsten Autoren der deutschen Gegenwartsliteratur. Der Büchner-Preisträger des Jahres 2000 hat sich in allen Gattungen versucht: „Nur das Wichtigste fehlt“, scherzt er, „ein Opernlibretto“.

Ende 2009 sind seine Tagebücher „Werktage I“ erschienen (Suhrkamp, 29,80 Euro). Die pointierten, ungeheuer weisen Notate geben Auskunft darüber, welche Kämpfe die DDR-Autoren mit der Kulturbürokratie auszufechten hatten; auch dann, wenn sie eigentlich der sozialistischen Idee positiv gegenüberstanden.

Braun gehörte in der DDR, wie beispielsweise auch Christa Wolf oder Stefan Heym, zum Lager der Reformsozialisten – er kritisierte die Diktatur und unterzeichnete 1976 mutig den Protest gegen die Ausbürgerung des unbequemen Liedermachers Wolf Biermann; aber er wollte die Hoffnung auf die Reformierbarkeit der DDR nicht aufgeben. Viele prominente Künstler verließen nach der Biermann-Ausbürgerung das Land – Braun blieb. Nur „im Falle von physischer Gewalt oder Beschlagnahmung von Manuskripten“, sagt er im Gespräch mit Schoeller, wäre er ebenfalls in den Westen gegangen. Doch soweit kam es nicht.

Braun sagt, dass die „Parteischeiße“ sein Werk freilich geprägt habe. Wenn er nicht den Konflikt zwischen der geforderten Systemtreue und dem „eigenständigem Denken am eigenen Leib erfahren hätte“, wären seine Texte andere geworden. Schoellers Frage nach der Stasi nutzt er zur generellen Abrechnung mit allen Geheimdiensten. „Dieser Unfug muss überhaupt beendet werden.“ Der Staat erfahre mehr über seine Bürger, wenn er mit ihnen spricht, anstatt sie zu beobachten.

Der sympathisch, humorvoll und bescheiden wirkende Braun ist sich über den Wechsel der politischen Systeme hinweg treu geblieben, er eckte in DDR und BRD gleichermaßen an. Er scheint mehr ein Aufklärer zu sein denn ein Utopist. Literatur, sagt er, sei immer „Ernüchterungsarbeit“.

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