"Eine Frau ist keine Puppe"

Weil sie Homo-Paare unterm Regenbogen malt: Russischer Künstlerin droht Straflager

15.6.2022, 14:56 Uhr
Russland im Jahr 2022: Weil sie weibliche Geschlechtsorgan gemalt hat, drohen der russischen Künstlerin Julia Zwetkowa (hier ein Bildschirmfoto) über drei Jahre Straflager.

© Ulf Mauder, dpa Russland im Jahr 2022: Weil sie weibliche Geschlechtsorgan gemalt hat, drohen der russischen Künstlerin Julia Zwetkowa (hier ein Bildschirmfoto) über drei Jahre Straflager.

Das Gericht in Komsomolsk am Amur im äußersten Osten Russlands will nach dem Schlusswort Zwetkowas am 17. Juli 2022 das Urteil verkünden. Maximal drohen der Feministin in dem von internationalen Menschenrechtsorganisationen als Justizwillkür kritisierten Strafverfahren bis zu sechs Jahre Haft.

Die bekannte Aktivistin Zwetkowa kassiert in Russland seit Jahren Strafen, weil sie etwa gleichgeschlechtliche Paare mit Regenbogen-Motiven malt. Und sie erhält massenhaft Morddrohungen, wie sie der Deutschen Presse-Agentur vor Prozessauftakt gesagt hatte. Die nun beanstandeten Bilder gehören zu einer Sammlung mit dem Titel "Eine Frau ist keine Puppe", die sie in sozialen Netzwerken verbreitet hatte.

Viele prominente Russen aus dem Show- und Mediengeschäft, Menschenrechtler und Politiker hatten das Vorgehen der Justiz gegen die Künstlerin verurteilt. Bei Straßenprotesten kam es immer wieder zu gewaltsamen Festnahmen. Ihre Zeichnungen sieht Zwetkowa wie auch viele Kunstexperten, die auf Gemälde großer Meister von nackten Frauen in den Museen der Welt verweisen, nicht als Pornografie. Die Aktivistin aus der Region Chabarowsk ist auch für ihren Einsatz für die Rechte von Schwulen, Lesben, Bi-, Trans- und Intersexuellen (LGBTI) landesweit bekannt.

Erschießen oder verbrennen

Es gebe viel Hass gegen sie und ihre Mutter, hatte sie in Interviews erzählt. "Das ist schwer auszuhalten. Gedroht wird, uns zu erschießen oder zu verbrennen."

Die Menschenrechtsorganisationen Memorial und Amnesty International haben Julia Zwetkowa offiziell auf die Liste der politisch Verfolgten gesetzt. Das Verfahren läuft bereits seit November 2019.

Rund vier Monate hatte sie in Hausarrest verbringen müssen, bevor sie unter der Auflage, die Stadt nicht zu verlassen, aus der Wohnung gehen durfte. Zu Prozessauftakt im vergangenen Jahr hatte Zwetkowa sich auch in Hungerstreik begeben.

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