Wenn Männer rot sehen: Der "Tatort" aus Stuttgart

31.10.2020, 13:28 Uhr
Oliver Manlik (überzeugend gespielt von Barnaby Metschurat) steht im Fokus der Ermittlungen von Thorsten Lannert (li.) und Sebastian Bootz (re.).

© Benoit Linder, dpa Oliver Manlik (überzeugend gespielt von Barnaby Metschurat) steht im Fokus der Ermittlungen von Thorsten Lannert (li.) und Sebastian Bootz (re.).

Die ebenso kluge wie attraktive Staatsanwältin Emilia Alvarez (Carolina Vera) hat im Sommer bekanntlich den Dienst im Stuttgarter "Tatort"-Ermittlerteam quittiert. Ein echter Verlust und eine Nachfolgerin noch nicht in Sicht.

Also müssen Thorsten Lannert (Richy Müller) und Sebastian Bootz (Felix Klare) alleine ran im neuen Fall aus dem Schwabenland (Sonntag, 20.15 Uhr, ARD). Dem kann man weder vorwerfen, dass er den Zuschauer mit Komplexität im Handlungsgeschehen noch mit einer unübersichtlichen Schar an Verdächtigen überfordert. Auch rationales Ermittlungsvorgehen und Spannung halten sich in Grenzen. Aber der Reihe nach.

Beim Joggen kommt Diana Gedder (Anni Nagel) zu Tode, Personalchefin bei einem Autozulieferer. Dort hat Joachim Bässler (Stephan Schad) als Vorstandsvorsitzender das Sagen. "Wirtschaft ist Krieg, grausam und dreckig", sagt er und handelt danach: Ein Kotzbrocken vor dem Herren, der wirtschaftlichen Profit über alles stellt und munter Bestechungsgelder im Ausland verteilt hat. Nicht selbst natürlich.

Verlangen nach Rache

Die Zeche dafür bezahlte sein ehemaliger Angestellter Oliver Manlik (Barnaby Metschurat) mit über drei Jahren Haft in den USA. Frau und Sohn sind weg, Manlik hat zurück in der Heimat keine Bleibe, keinen Job und das Verlangen nach Wiedergutmachung oder sagen wir besser, Rache.

Er ist die Hauptperson des Dramas "Der Welten Lohn". Metschurat spielt den Ex-Knasti intensiv zwischen Verzweiflung und Wut, Sehnsucht und Gewalt. Aber das alleine trägt keinen 90-Minuten-Krimi. Zumal dabei naheliegende Fragen der Ermittlungen fast komplett untergehen: Wie kam die Gedder zu Tode? Gestoßen? Gestolpert? Und warum gewährt das Drehbuch (Boris Dennuleit) dem Zuschauer beim Anschlag auf Bässler Wissensvorsprung vor den Kommissaren und lässt damit ohne Not Spannung flöten gehen?

Es gab schon deutlich bessere Stuttgart-"Tatorte", denen man für die Zukunft überzeugendere Drehbücher und vor allem eine würdige Nachfolge von Emilia Alvarez wünscht.

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