Letztes Kapitel einer endlosen Baugeschichte

12.6.2019, 19:43 Uhr
Letztes Kapitel einer endlosen Baugeschichte

© Foto: Michael Matejka

Der lange gelbe Bauzaun am Königstorgraben beim Hauptbahnhof verrät: Hier sind die Handwerker eingezogen. Sie erneuern die nördliche Hälfte des Künstlerhauses technisch, machen die Räume barrierefrei und teilen sie neu auf. Foyer und Haupteingang werden größer.

Fürs Publikum heißt das: Das Burger-Lokal "Auguste", die Nachtleben-Treffs Zentralcafé und Kulturkellerei sowie die Werkbund-Werkstätten sind vorübergehend in Ausweich-Orte gezogen – und werden beim Wiedereinzug Plätze tauschen. 2022 soll es so weit sein. Der Glas-Anbau mit der Touristen-Information, der Ausstellungsbereich Kunsthaus und das Filmhaus-Kino können solange aber weiterarbeiten wie gewohnt.

Dieser sogenannte dritte Bauabschnitt für das Künstlerhaus wurde über die Jahrzehnte zum Wiedergänger auf der Agenda der städtischen Kulturverwaltung. Schon Oberbürgermeister Peter Schönlein kündigte ihn 1990 an. Unter seinem Nachfolger Ludwig Scholz begann dann 1996 die Sanierung des einstigen Ausstellungsgebäudes – damals das umstrittene "Komm" –, das 1910 eröffnet und im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigt worden war. Doch der Abschluss ließ auf sich warten. Der Teil des Hauses, der zur Kunsthalle weist, blieb ein Provisorium.

Letztes Kapitel einer endlosen Baugeschichte

© Foto: Michael Matejka

Zuerst fehlte das Geld im Haushalt, dann vertagte das Hochbauamt wegen Personalmangel viele Großprojekte. Das Konzept eines Architekturbüros von 2011 blieb liegen. 2016 dann der neue Anlauf, in einem Wettbewerb bekam der Münchner Architekt Florian Nagler den Zuschlag. Er verspricht "lässige und minimale" Eingriffe in die historische Bausubstanz.

Manche der rund 30 Initiativen, die das Künstlerhaus mietfrei nutzen dürfen, hätten die Schluss-Sanierung trotzdem gern für immer vertagt. Sie befürchten, dass das Mehrzweck-Kulturhaus aufpoliert wird und seinen freiheitlichen Retro-Charakter verliert. "Ich kann die Emotionalität verstehen", sagt Michael Bader, der als Leiter des Kunstkulturquartiers den Umbau betreut. "Aber ich ziehe mir den Schuh nicht an, dass wir die Subkultur verdrängen wollen. Ich komme selber aus der freien Szene." Der Musikverein und das Zentralcafé Café Kaya bekämen hier künftig "einen Club, der in jeder Hinsicht besser ist".

Letztes Kapitel einer endlosen Baugeschichte

© Foto: Michael Matejka

Bader stellt klar: Ohne die jetzt erfolgenden Arbeiten wäre der Weiterbetrieb nie wieder genehmigungsfähig geworden. Haustechnik, Brandschutz, Fluchtwege, Liefer- und Künstlerbereiche für den Festsaal – "das ist alles vorsintflutlich". Vor allem die fehlende Lärmdämmung wurde zum Problem: Musikveranstaltungen, Gastro-Betrieb und leisere Programme behinderten einander, mussten zeitversetzt getaktet werden. "Jetzt wird aufgeräumt", sagt Bader. "Das Grundprinzip ist, Bereiche akustisch voneinander zu trennen und Wege zu vereinfachen."

Wie Baureferent Daniel Ulrich den Stadträten erläuterte, wird die Sanierung teurer als ursprünglich geplant. Allerdings konnte man zumindest einen Teil der Mehrkosten dadurch wieder einsparen, dass die Holzwerkstatt nicht ins Künstlerhaus zurückkehrt. Dafür wäre wegen einer Fernwärmeleitung eine tiefe Grabung nötig geworden. Die Schreinerei wird stattdessen dauerhaft in dem städtischen Gebäude Peuntgasse 5–7 bleiben. Das bringt eine Ersparnis von 900 000 Euro. Die Sanierung kostet nun 27 statt der zuletzt geplanten 26 Millionen Euro.

Schönleins Pläne von 1990 sahen für den dritten Bauabschnitt übrigens 1,1 Millionen Mark vor. Aber das ist 30 Jahre her.

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