Mit.Menschen-Podcast: Nürnberger Biologin entdeckt neue Pflanzenart

6.5.2021, 06:00 Uhr
Die Nürnberger Biologin lebt seit knapp drei Jahren in Südafrika. Gerne würde sie dort bleiben, doch auch Indien oder Thailand reizen sie für ihre Forschungsarbeit. 

© VNP Die Nürnberger Biologin lebt seit knapp drei Jahren in Südafrika. Gerne würde sie dort bleiben, doch auch Indien oder Thailand reizen sie für ihre Forschungsarbeit. 

Ceropegia heidukiae - diesen Namen trägt eine Leuchterblume, die in Südafrika entdeckt wurde. Diese Nachricht klingt auf den ersten Blick vielleicht etwas unspektakulär, doch dahinter verbirgt sich eine spannende Geschichte. Denn: Die Pflanze wurde nach ihrer Entdeckerin, der Nürnberger Forscherin Annemarie Heiduk benannt. Anlass also, für einen Anruf am anderen Ende der Südhalbkugel.

Heiduk sitzt in T-Shirt vor der Kamera. Die Haut ist von der Sonne gebräunt und mit Enthusiasmus erzählt sie in einer neuen Folge des Podcast Mit.Menschen von ihrer Arbeit.

Annemarie Heiduk lebt seit knapp drei Jahren in Südafrika. Nach ihrer Doktorarbeit an der Universität Bayreuth zur Blütenduftchemie innerhalb der Gattung der Ceropegia Pflanze begann ihre Forschungsarbeit in der Region um Pietermaritzburg, rund eine Stunde Autofahrt von der Küstenstadt Durban entfernt. Für die 36-Jährige ist das Land eine "wissenschaftliche Schatztruhe".

Pflanzliche Täuschungsmanöver

Die Biologin forscht seit zwölf Jahren auf dem Gebiet der Ceropegia. In ihrer Doktorarbeit untersuchte sie, wie die südafrikanische Leuchterblumen den Geruch sterbender Bienen nachahmen, um Fliegen zu fangen. Welche Duftstoffe im Blüten-Bouquet sind dafür verantwortlich, dass die Bestäuber angelockt werden? Eine komplexe Angelegenheit, die präzise Handarbeit erfordert: "Die Fliegen, mit denen ich arbeite, sind kleiner als einen Millimeter. Um die Duftstoffe zu testen, haben wir an die Antennen der Fliegen Mikroelektroden angeschlossen. Dafür braucht es sehr viel Geduld und lange Nächte im Labor, um das richtig gut hinzubekommen", erzählt Heiduk.

Während der Blütezeit von August bis März ist sie täglich im Freiland unterwegs und zwar da, wo sich normalerweise nur selten ein Mensch verirrt. "Die meisten Pflanzen sind nur relativ schwer zu erreichen. Wir sind meistens im Nichts unterwegs, an Orten, an denen zuletzt vor 50 oder 100 Jahren Menschen unterwegs waren." An einem solchen Ort war Heiduk auch, als sie mit ihrem Kollegen auf die bislang unbekannte Art der Ceropegia stieß. Stundenlang wanderten sie durch die Landschaft, dann war Heiduk zur richtigen Zeit am richtigen Ort.

Die Ceropegia heidukiae wurde nach ihrer Entdeckerin Annemarie Heiduk benannt. Ein persönliches Highlight in ihrem Leben, wie sie im Podcast erzählt. 

Die Ceropegia heidukiae wurde nach ihrer Entdeckerin Annemarie Heiduk benannt. Ein persönliches Highlight in ihrem Leben, wie sie im Podcast erzählt.  © David Styles

Ihr war sofort klar, dass diese Pflanze zuvor noch niemand gesehen hatte. "Das hat mich total von den Socken gerissen. Mein Kollege meinte sofort: Du hast gerade etwas Neues entdeckt und das werden wir nach dir benennen", erzählt Heiduk und lacht. Für sie war der Fund ihr persönliches Highlight: "Ich habe bei meiner Arbeit mit über 700 Arten der Ceropegia sowieso schon genug zu tun. Mir ist es nie in den Sinn gekommen, dass ich eine neue Art entdecken könnte."

Südafrikas Flora gilt als gut untersucht, seit den 1980er Jahren wurden nur sechs neue Arten beschrieben - Heiduks Entdeckung gleicht also einer kleinen Sensation, da "ihre" Blume außergewöhnliche vegetative Merkmale besitzt. "Die meisten Ceropegias sind Kletterpflanzen, diese wächst jedoch freistehend im Grasland", so Heiduk.

Die eigentliche Arbeit fing dann erst an: "Man packt sein Equipment aus, fotografiert, dokumentiert und misst die Pflanze ab. Dann wandert man stundenlang durch das Habitat und sucht nach anderen Pflanzen, um einzuschätzen, wie groß die Population ist." Sie und ihr Kollege fanden rund 20 Exemplare in der Umgebung. Um Belege zu sammeln, mussten sie den Fundort mehrere Male besuchen, die Blüten im Labor genau untersuchen und Proben an verschiedene Herbarien, Sammlungen konservierter Pflanzen bzw. Pflanzenteile, schicken. "Ein Jahr hat es gedauert, alle Daten zu sammeln und zu analysieren", erklärt sie.

Die Suche nach dem Namen

Die neue Blume brauchte natürlich noch einen Namen. Laut der Nomenklatur-Regel wird der Name einer neuen Art nach speziellen Eigenschaften der Pflanze oder dem Ort, an dem sie gefunden wurde, ausgesucht. Namen von Menschen werden nur vergeben, wenn sich die Person im besonderen Maße für diese Pflanzengruppe eingesetzt hat. Bei weiblichen Personen wird an den Namen ein "iae" angehängt - in diesem Fall wurde sie Ceropegia heidukiae getauft.

Langweilig wird Annemarie Heiduk auch in Zukunft nicht werden. Bis im August die Freilandarbeit wieder beginnt, gilt es weiter zu forschen, Datensätze zu analysieren und Manuskripte zu schreiben. Durch Corona wurde die Forschung in den vergangenen Monaten stark eingeschränkt, "da gibt es einiges aufzuholen", so Heiduk. Die Finanzierung ihres Forschungsprojekts läuft noch bis Ende des Jahres, dann muss sie sich eine neue Anstellung suchen. Auch eine Professur könne sie sich in Zukunft vorstellen, wie sie erzählt.

Gerne würde sie in Südafrika bleiben, doch auch Indien oder Thailand reizen sie. Am liebsten würde sie aber erst einmal zurück nach Nürnberg. Die Pandemie verhinderte bislang einen Heimatbesuch. "Ich vermisse die Stadt und meine Familie sehr", sagt sie. Mal wieder auf die Burg oder durch den Tiergarten spazieren, den fränkischen Dialekt hören, das fehle ihr am Meisten, am anderen Ende der Südhalbkugel.

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