Lebenspartner trauert

Nach 15 Jahren "Ehe": Storch Anna ist tot

19.10.2021, 10:25 Uhr
15 Jahre lang waren sie ein Paar: Gerome und Anna auf dem Alten Rathaus in Höchstadt.

© Horst Linke, NN 15 Jahre lang waren sie ein Paar: Gerome und Anna auf dem Alten Rathaus in Höchstadt.

"Es ist gut zu wissen, dass sie von ihren Leiden erlöst worden ist", sagt Edmund Lenz, der das Vogelpaar seit Jahren genau beobachtet. Als sich Anna Ende Mai dieses Jahres den Fuß brach und ihre vier Jungen nicht mehr mit Nahrung versorgen konnte, war er eingesprungen, um die Vögel zu retten. Mehrfach hat er versucht, das verletzte Tier einzufangen um zu helfen - ohne Erfolg.

Nach einem Hinweis hat er - wie er auf der Webseite storchennest-hoechstadt.de beschreibt - jetzt auf einem Weiherdamm in der Nähe vom Schwarzenbach ein Storchenskelett gefunden, bei dem der linke Fuß fehlte. Im Wasser, dort wo Anna vermutlich gestorben ist, fand er auch ihren Fußring, der eindeutig belegt, dass es sich um die Höchstadter Storchendame handelt. "Vermutlich hat Anna versucht Wasser im Uferbereich des Weihers aufzunehmen und könnte dabei Beute eines Fuchses geworden sein", schreibt Lenz. Es wäre auch möglich, dass Anna in ihrem verletzten Zustand einem freilaufenden Hund zum Opfer gefallen ist. Vermutlich ist der Vogel Anfang September gestorben. "Sie hat nicht mehr lange leiden müssen."

Gerome und Anna - ein Ausnahmepaar

Und wie geht es nun weiter für Gerome, ihrem langjährigen "Lebenspartner"? Seit 2006 hat sich das Paar den Horst auf dem Alten Rathaus geteilt. "Es ist klar, dass er trauert", sagt Emund Lenz. Das belege die Verhaltungsforschung. Störche, meint er, leben im Gegensatz zu Gänsen nicht monogam. Sie wechseln meist jährlich den Brutpartner. "In Ausnahmefällen kommt es jedoch auch bei Störchen zu längeren Bindungen, die mitunter zwei Jahrzehnte andauern können." Anna und Gerome sind eine solche Ausnahme. Sie haben sich im Jahr 2006 kennengelernt und brüteten seit dieser Zeit auf dem Alten Rathaus. Beide Störche sind sogenannte "Zugverweigerer", die das ganze Jahr über im Aischgrund bleiben.

Nachwuchs gab es jede Saison. Hier sind die Jungtiere von 2017 zu sehen. Insgesamt sind aus dem Horst von Anna und Gerome 51 Störche ausgeflogen.

Nachwuchs gab es jede Saison. Hier sind die Jungtiere von 2017 zu sehen. Insgesamt sind aus dem Horst von Anna und Gerome 51 Störche ausgeflogen. © Horst Linke, NN

Edmund Lenz vermutet: "Gerome wird seinen Horst weiterhin behaupten und vermutlich schnell eine neue Partnerin finden." Er habe in den letzten Tagen bereits Angriffe abgewehrt und fremde Vögel vertrieben, die versucht hatten sich einzunisten. "Der Standort am Rathaus ist sehr beliebt", weiß Lenz. Eine ähnliche Situation habe er vor 16 Jahren dort erlebt.

Jüngeren Liebhaber gesucht

Damals hatte sich die erfahrene ältere Störchin einen jüngeren Storch auserwählt. "Es war Gerome, damals gerade sieben Jahre alt." Schon nach einer Brutsaison musste die Ältere einer jüngeren Konkurrentin Platz machen: der dreijährigen Anna. Seit 2006 haben sie sich den Horst auf dem Rathaus geteilt. In dieser Zeit hat Anna 76 Eier gelegt, aus denen 70 Storchenküken geschlüpft sind und von diesen sind insgesamt 51 Jungstörche ausgeflogen. Edmund Lenz ist zuversichtlich, dass es für Gerome so weitergeht. "Für die nächste Brutsaison im Jahr 2022 hoffen wir auf ähnlich gute Bruterfolge mit seiner zukünftigen Partnerin."