Nach BFV-Entscheid: Lange Sommerpause und viele offene Fragen

25.4.2020, 14:25 Uhr
Nach BFV-Entscheid: Lange Sommerpause und viele offene Fragen

© Foto: Uwe Mühling

Oder besser gesagt weitergehen, denn die derzeitige Saison 2019/2020 wird nicht abgebrochen, sondern wiederaufgenommen und zu Ende gespielt. Wir haben uns bei heimischen Vereinen von der Bezirksliga bis zur B-Klasse umgehört und wollten wissen, wie sie zum Verbandsweg stehen. Dabei kam weniger Kritik, sondern eher Verständnis für die Entscheidungen in schwieriger Lage zum Ausdruck.

Deutlich wurde aber auch, dass sehr viele Fragen noch offen sind. Das betrifft vor allem die Wechselfrist im Sommer, die Altersklassen-Einteilung im Jugendbereich oder auch den Punkt, wie es in der Saison 2020/2021 beziehungsweise im kommenden Jahr weitergehen soll. Auch dem BFV ist klar, dass noch vieles ungeklärt ist, deshalb hat er auch fünf sogenannte "Lösungs-Arbeitsgruppen" eingesetzt (wir berichteten), die sich um Details kümmern sollen: Devise dabei: "Gründlichkeit vor Geschwindigkeit".

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Der Abteilungsleiter des Bezirksligisten TSV 1860 Weißenburg, Jonas Herter, und seine Mitstreiter in der Spartenführung haben sich in den vergangenen Tagen intensiv mit dem Thema befasst. Letztlich stimmte der Topverein des Jura Südens für den Vorschlag des Verbands, sprich für eine Fortsetzung der Saison 2019/2020. Herters persönliche Tendenz ging zwar in Richtung Saisonabbruch, er ließ sich aber überstimmen und
trägt die Entscheidung des Vereins mit.

Generell nimmt der TSV 1860 die Entscheidungen auf Verbandsebene so an, wie sie aussehen: "Wir werden uns sicherlich an keiner Klage oder etwas Ähnlichem beteiligen", unterstreicht Jonas Herter. Nach seinen Worten wird es immer Teams geben, die profitieren oder Nachteile haben. Das gelte auch für den eigenen Verein, der 16 Mannschaften stellt.

Letztlich sei es "keine schlechte Lösung, die Saison sportlich zu beenden", findet der TSV-Abteilungsleiter, der aktuell auch noch Spielertrainer der Weißenburger U23 ist. In seiner neuen Rolle als Spartenleiter (zusammen mit Roland Mayer) hat er schnell gemerkt, "wie viel dranhängt". Im Herrenbereich sei es fast noch einfacher, im Jugendbereich dagegen werde es richtig kompliziert. Was ist zum Beispiel mit U19-Spielern, die im Juli zu den Herren aufrücken würden?

Jonas Herter hofft, dass es im Sommer keine Wechselfrist gibt: "Das würde alles doppelt schwer machen." Zugleich ist er froh, dass beim TSV 1860 fast alle Spieler für das nächste Fußballjahr zugesagt haben. Der TSVler hofft obendrein, dass möglichst bald wieder gemeinsames Training erlaubt wird – zumindest in Kleingruppen. Nach "der längsten Winterpause seines Lebens" und der aktuellen Corona-Krise sehnt Herter wie so viele andere Fußballer die Rückkehr auf den Platz herbei.

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Klar gegen den BFV-Vorschlag hatte sich schon vor der Abstimmung Willi Birkhan, der sportliche Leiter der SG Ramsberg/St. Veit (Kreisliga West), ausgesprochen. "Wir werden auf Abbruch stimmen, weil viele rechtliche Probleme noch nicht geklärt sind", sagte Birkhan. Er sieht in der BFV-Variante "keine durchdachte oder wirklich praktikable Lösung".

Dem SG-Verantwortlichen zufolge kann nicht davon ausgegangen werden, "dass sich Corona bis September erledigt hat". Außerdem werde kein Vorstand ein Spiel stattfinden lassen, wenn nicht im Vorfeld geklärt sei, wer bei einem Coronavirus-Fall haftet. Die Saison im Herbst zu Ende zu spielen, könnte aus Birkhans Sicht eng werden, vor allem wenn das Wetter nicht mitspielt. "Spielen wir dann an Heiligabend die Meisterschaft aus?", fragt der langjährige Funktionär bewusst provokativ. Für Willi Birkhan hat die Gesundheit absoluten Vorrang. Er möchte auf jeden Fall vermeiden, dass am Sportplatz oder Sportheim (Beispiel Duschen) ein Corona-Herd entsteht. Auch die oft älteren Schiedsrichter in den unteren Klassen sollte man keiner Ansteckungsgefahr aussetzen.

Der SG-Macher hat in einem Schreiben an Kreisspielleiter Markus Hutflesz sowie an die Verbandsspitze zahlreiche Punkte und Alternativen aufgelistet und nennt zugleich seine favorisierte Lösung: "Wir brechen jetzt die Saison ab und spielen den Rest ab März 2021 weiter. Somit wäre es eine saubere Lösung für alle Vereine, die aktuell mit Auf- und Abstieg zu tun haben. Ab September dieses Jahres könnten verschiedene Turniere durchgeführt werden, um einen Teil der finanziellen Ausfälle zu kompensieren. Wir hätten zwar ein Jahr verloren, aber es wird keiner benachteiligt", so Birkhan.

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"Wir haben uns im Verein ein Bild gemacht. Die Mehrheit war für einen Saisonabbruch", berichtet Tobias Eberle, der Trainer des Kreisklassisten SpVgg Eintracht Kattenhochstatt. Deshalb gehörte die Eintracht wie die SG zu dem Drittel der bayerischen Vereine, die den BFV-Vorschlag abgelehnt hatten. Die SpVgg wäre für einen Saisonabbruch gewesen, obwohl sportlich für den Fünften der Kreisklasse West durchaus noch etwas drin ist. Die angebliche Planungssicherheit ab September war für Eberle und weitere Eintracht-Verantwortliche kein Argument, weil man nicht wissen kann, wie die weitere Entwicklung aussieht. Somit könnte es durchaus passieren, "dass gleich zwei Spielzeiten für die Katz sind".

Dennoch trägt die Eintracht den BFV-Beschluss insgesamt mit und wartet ab, wie die weiteren offenen Entscheidungen in Bezug auf die Wechselfrist oder eine möglicherweise verkürzte nächste Saison im Frühjahr 2021 ausfallen. Für Tobias Eberle ist die aktuelle Entwicklung besonders unerfreulich, denn er hatte sich seinen Abschied als Kattenhochstatter Trainer anders vorgestellt. Wie berichtet, ist der 33-jährige Solnhofener zum Bürgermeister seiner Heimatgemeinde gewählt worden und hört deshalb im Sommer auf. Alexander Rottler übernimmt. Eberle hofft nun auf Lockerungen in den nächsten Wochen, sodass er zumindest noch ein Abschlusstraining mit seiner Elf machen kann. Zugleich ist er froh, dass es nur ein Teil-Abschied ist, denn als Spieler bleibt Eberle in Kattenhochstatt, weil es ihm "sehr gut bei der Eintracht gefällt". Und er ist auch froh, dass er die aktuellen Entscheidungen im Fußballverband nicht treffen muss: "Da mache ich leichter den Solnhofener Bürgermeister", sagt er mit einem Schmunzeln.

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Auch Michael Lämmermann, Spielertrainer des A-Klassisten SC Stirn, möchte nicht unbedingt in der Haut der Verbandsfunktionäre stecken, die knifflige Entscheidungen zu treffen haben. Aus seiner Sicht gibt es Argumente für alle Vorgehensweisen. "Ich hätte jede Lösung verstanden, die jetzige ist aber grundsätzlich die fairste", findet der SC-Coach. So sieht man das auch im Verein, weshalb der Sport-Club für den BFV-Vorschlag gestimmt hat.

Lämmermann (31) sieht das Ganze "mit einem lachenden und einem weinenden Auge". Lachend, weil die Stirner Tabellenführer der A-West sind und damit die Chance auf den Aufstieg behalten. Weinend, weil aktuell "alles in den Sternen steht" und selbst der 1. September als Termin für den Neustart fraglich sei. Auch die Regelung der Wechselfrist und damit die Frage, ob es zu Wettbewerbsverzerrungen kommt, seien offen. Für den Stirner Spielertrainer geht es insgesamt aber weniger um Abbruch oder Weiterführung der Saison, sondern vielmehr darum, "dass wir schnellstmöglich wieder auf dem Platz stehen. Das ist die Hauptsache". Training, das Zusammensein mit den Fußballkumpels und dann die Spiele am Sonntag – all das fehlt "Michi" Lämmermann enorm. Und damit spricht er sicher vielen Kickern aus dem Herzen.

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Auch für Thomas Rachinger, den Vorsitzenden der Sportfreunde Bieswang (B-Klasse), "ist es grundsätzlich am wichtigsten, dass wieder gespielt wird und dass es in den Vereinen überhaupt weitergeht". Je länger die Zwangspause dauert, umso mehr Fußballer könnten gerade den Klubs in den unteren Klassen verloren gehen, befürchtet der 48-Jährige. Finanziell sieht Rachinger für seinen Verein zwar keinen größeren Schaden, allerdings sei zum Beispiel die aktuelle Sportheim-Schließung nicht unproblematisch, "weil das Sportheim einfach zum Dorfleben dazugehört". Dass derzeit nicht gespielt werden kann, ist aus Sicht des SF-Vorsitzenden auch deshalb schade, "weil die Plätze trotz der Trockenheit top beieinander sind".

Dass die aktuelle Saison fortgeführt und vollendet werden soll, findet Thomas Rachinger vor allem für die kleinen Vereine gut. Für höherklassige Teams mag die jetzt angestrebte Lösung schwierig sein, "für uns unterklassige Vereine ist es optimal und am gerechtesten, wenn die Runde fertig gespielt werden kann". Auch für Rachinger, der diese Saison selbst noch in einem Punktspiel am Ball war, geht es jetzt darum, dass die offenen Fragen geregelt werden.

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