Brainweek: Sprache konstruiert Wirklichkeit
16.3.2014, 13:00 UhrKinder gebrauchen manchmal Formulierungen, die uns zum Nachdenken bringen sollten: „Ich muss noch schnell . . ., dann geh’ ich noch schnell . . .“ sind Beispiele für eine Sprache, die im Grunde gar nicht kindlich ist. Denn dass das Kind „noch schnell“ etwas tun muss, ist ein Sprachmuster, das es sich durch genaues Zuhören angeeignet hat. Meist stammt es von den Eltern.
Zur brainweek hat die Dozentin für Lingva Eterna, Ina Willax, in einem Erlebnisvortrag anhand von Worten, Sätzen und Textpassagen die Wirkung von Sprache deutlich gemacht. Dass man mit Sprache sein Gegenüber – und auch sich selbst – unter Druck setzen kann, ist nicht neu.
Es gibt Worte, die wir als angenehm empfinden, andere dagegen rufen ein unangenehmes Gefühl hervor. Verdeutlicht hat Ina Willax dies mit Hilfe einer „Wortprobe“, bestehend aus zehn Worten: „Quelle“, „Apfelbaum“, „achtsam“, „Problem“ und „müssen“ gehörten unter anderem dazu.
„Worte rufen Bilder hervor, die bei jedem Menschen anders sein können“, erklärte die Dozentin. Wichtig sei, auf seine Formulierungen zu achten, eine bewusste Sprache zu wählen.
Auffallend ist, dass Worte, die positiv besetzt sind, wie zum Beispiel „achtsam“, meist seltener zum Wortschatz gehören als das Wort „müssen“, das automatisch einen gewissen Druck ausübt. Wie die Formulierung „Ich muss jetzt losfahren“ den Sprecher auch in seiner Körpersprache beeinflusst, probierten die Besucher des Vortrags an sich selbst aus. Wesentlich positiver wirkte dagegen der Satz „Ich fahre jetzt los“.
Ein anderes Beispiel für die Kraft der Sprache ist der Satz „Du darfst jetzt in die Schule gehen und heute Nachmittag musst du spielen“. „Wie oft haben Sie das schon zu Ihren Kindern gesagt?“, fragte Ina Willax in die Runde. Natürlich hatte niemand diesen Satz schon einmal so formuliert.
Alternativen zeigen
Dieses Beispiel macht das Konzept von Lingva Eterna deutlich: eine bewusste Wortwahl kann das Leben in vielen Bereichen leichter machen. Dabei gibt es im Sprachkonzept von Lingva Eterna kein Richtig oder Falsch, vielmehr geht es darum, Alternativen aufzuzeigen. Ziel des Konzepts, das die Sprachwissenschaftlerin Mechthild von Scheurl-Defersdorf entwickelt hat, ist eine klare und wertschätzende Sprache. Gerade in der Kommunikation mit Kindern, die sich sehr am Sprachmuster ihrer Bezugspersonen orientieren, sei eine klare Sprache wichtig, erklärte Willax.
Formulierungen wie „Fall’ nicht runter“ seien viel zu ungenau, zu wenig zielorientiert. „Sagen wir dagegen ,halt dich gut fest‘, weiß das Kind genau, was es tun soll“, erklärte die Dozentin.
Genaue Formulierungen und eine bewusste Sprache wirken sich laut Willax positiv aus, da sie Klarheit und Ordnung ins Leben bringen und Missverständnissen vorbeugen. „Lassen Sie Ihren Wortschatz nicht verkümmern und achten Sie auf genaue Formulierungen“, riet die Dozentin ihrem Publikum.
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