Mit Stoiber in zehn Minuten am Beichtstuhl
1.4.2009, 00:00 UhrVon der ersten Minute an erweckte Politiker-Parodist Krebs den «Ähdmund» mit hektischer Gestik, zerfahrenem Satzbau und wirrer Aussprache zum Leben. Natürlich gab es eine «schonungslose Wahlanalyse», in der Stoiber seine Hände in Unschuld wusch: «Der Beckstein ist kein Sündenbock, sondern ein Gärtner in der Wüste, in die wir ihn geschickt haben.» Bei den Hieben unter Parteifreunden blieb es nicht, auch die bayerische SPD bekam ihr Fett weg für die Leistung, trotz des CSU-Absturzes das schlechteste Wahlergebnis einzufahren.
Echter als das Original
Die «Stoiberschau» lebt von den Manierismen, mit denen Krebs den ehemaligen Ministerpräsidenten fast echter als das Original darstellt – vielfach mehr Comedy als Politkabarett. Wenn Unruheständler Stoiber den eigenen Haushalt mit der «Agenda Wolfratshausen 3000» ummodelt und die Küche zum «High-Tech-Standort» macht, dann ist das selbst mit Sparwitzen wie «Muschis Nagelstudio» zum Lachen, doch es tut niemandem weh, nicht einmal dem Parodierten.
Etwas böser wird es, wenn Büroleiter Sepp Müller die Gelegenheit beim Schopf ergreift und auf Stoibers Briefpapier den Behördenstreit um sein ungenehmigtes Katzentürl par Ordre de Mufti erledigt. Nebenbei erzählt er mit qualtingerhafter Jovialität, wie er seinen Nachbarn, «den Juri», einschüchtert und ausbeutet. Im Gespräch mit dem Postboten – Wolfgang Krebs im neuen Kostüm – offenbart der unerwartet aufgestiegene Gärtner weitere Schattenseiten.
Das Vorlesen der mitgebrachten Briefe und Karten gibt Krebs Gelegenheit, sein parodistisches Talent mit Imitationen von Marcel Reich-Ranicki bis Ulla Schmidt zu demonstrieren: Virtuos, doch eher zahm, selbst in «Helmut Kohls» Empfehlung, die Mauer wieder aufzubauen, diesmal zwischen Nord und Süd. Faszinierend freilich, wie er beim «1. Brief Seehofer an die Stoiberianer» nicht nur den aktuellen Landesvater gibt, sondern jener sich im rednerischen Furor zunehmend in Franz Josef Strauß verwandelt.
Mehrfach demonstriert Sepp Müller sein Solotalent mit Gstanzln und der Ziehharmonika. Da erzählt er von den «zwei großen Gruppierungen» in der Jachenau, seiner Heimat: «Die Schwarzen und die Gebirgsschützen». Besonders jener Eliteeinheit, seit Jahrhunderten befasst mit «dem Schutz der Jungfräulichkeit Marias und dem Schutz des Reinheitsgebots», widmet er sich hingebungsvoll. Sein «Deandl mit ledern‘ Dessous» über die «horizontale Fortbildung bei den Dominakanerinnen» riss das Publikum zu Lachstürmen hin.
Die legendäre Transrapid-Rede Stoibers wendete Krebs nicht nur auf Pollantener Gegebenheiten - «in zehn Minuten am Beichtstuhl» -, sondern machte sie auch zum Ausgangspunkt eines weiteren Redemarathons im Stoiberschen Duktus.
Rhetorik-Roulette
«Russisches Roulette für Rhetoriker» war die anschließende Ansprache, für die sich Krebs als «Zielperson» ein Geburtstagskind aus dem Zuschauerraum pickte. Hier gab er noch einmal einen sich im eigenen Glanz sonnenden Stoiber auf Höchstdrehzahl, diesmal politischer als zuvor, mit Seitenhieben gegen «Preußen, Sozis, Söder» oder den aktuellen Ministerpräsidenten ebenso wie Angela Merkel. Sprüche wie «Der Papst ist ein Bayer und damit für Ostdeutsche unantastbar» treffen die «Mir san mir»-Mentalität schon beinahe zu gut.
In Pollanten kam die «Stoiberschau» so gut an, dass Krebs und Müller zu zwei Zugaben auf die Bühne zurückkehrten. Nach «Einmal möchte ich wie der Putin sein» auf die Melodie von «Kalinka» gab Krebs eine Live-Episode von «Super-Seehofer»: Ein Wahlfrühlingsgedicht von und mit Stoiber, Beckstein und Seehofer.