Angela Merkels Vater ist tot

4.9.2011, 12:53 Uhr
Angela Merkels Vater ist tot

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Bundeskanzlerin Angela Merkel trauert um ihren Vater. Eigentlich wollte sie sich am Samstag noch einmal für ihre wahlkämpfenden Parteikollegen in Mecklenburg-Vorpommern ins Zeug legen, doch die CDU-Chefin sagte alle Termine ab. Ihr Vater, Horst Kasner, war am Freitag im Alter von 85 Jahren gestorben.

Wer war der Mann, und wie könnte er das Leben der Kanzlerin geprägt haben? Geboren wurde Horst Kasner 1926 in Berlin-Pankow. Zum Theologiestudium ging er in den Westen nach Heidelberg und Hamburg. Dort lernte er auch seine spätere Ehefrau Herlind kennen. 1954 - wenige Wochen nach der Geburt des ersten Kindes Angela - siedelte die kleine Familie in die DDR über.

Horst Kasner nahm eine Pfarrstelle im Dörfchen Quitzow bei Perleberg an. Seine Frau, die aus dem Westen stammte, ging mit - «aus Liebe», wie Angela Merkel später einmal berichtete, und obwohl die Pastorenfrau in der DDR nicht in ihrem Wunschberuf Lehrerin arbeiten konnte.

Kasner begründete den ungewöhnlichen Umzug vom Westen in den Osten so: «Für mich war das eine Verpflichtung. Ich stamme aus Berlin. Ich kehrte nach dem Theologiestudium zurück, um gegen die atheistische und gottlose Propaganda des SED-Staates anzukämpfen», zitierte ihn die Zeitung «B.Z.» 2005. «Wir waren jung und idealistisch», sagte er im selben Jahr der «International Herald Tribune».

Wenige Jahre später zog die Familie wieder weg aus Quitzow - 140 Kilometer weiter nach Osten in die Kleinstadt Templin. Dort kümmerte sich Vater Kasner um die Weiterbildung von Pfarrern aus Brandenburg. Templin wurde damit zur eigentlichen Heimat für die gebürtige Hamburgerin Angela Merkel. Hier wuchs die Pfarrerstochter, die in ihrer Jugendzeit den Spitznamen «Kasi» trug, wohlbehütet mit zwei Geschwistern auf, bevor sie nach dem Abitur 1973 zum Physik-Studium nach Leipzig ging.

Obwohl evangelischer Pfarrer - ein Kämpfer gegen den SED-Staat, wie so manch anderer Geistlicher, war Horst Kasner nicht. Merkels Biograf, der Politikwissenschaftler Gerd Langguth, bezeichnet den großgewachsenen, schlanken Mann in der «Welt am Sonntag» als «einen der einflussreichsten Kirchenoberen», der sich «in der DDR arrangiert» hatte.

Das Verhältnis zu ihrem Vater hat Angela Merkel einmal so beschrieben: Er «hat immer viel gearbeitet (...), und manchmal hat er sich mit der Arbeit vielleicht auch von den Familienpflichten ferngehalten. Er ist emsig und gründlich. Leider.» - so zitiert die «Bild am Sonntag» aus einem Gespräch der Kanzlerin mit der Publizistin Herlinde Koelbl.

Der Vater - ein strenger, ordnungsliebender Mann, mit hohen Erwartungen. Merkel-Biograf Gerd Langguth berichtet von einer Begebenheit aus dem Jahr 1984: Tochter Angela bekam zu ihrem 30. Geburtstag Besuch von Kasner in ihrer «provisorischen Bleibe» in Berlin, und der Vater zeigte sich wenig begeistert vom Zustand ihrer Wohnung. «Weit hast Du es noch nicht gebracht», habe er gesagt.

Gut 20 Jahre später, als Merkel es zur Kanzlerin des wiedervereinigten Deutschlands gebracht hatte, war der Papa dann doch stolz auf die Tochter. Als sie 2005 im Bundestag zur Kanzlerin vereidigt wurde, saß das Ehepaar Kasner auf der Besuchertribüne. Der Vater ließ sich damals immerhin das knappe Lob entlocken: «Das kommt nicht alle Tage vor» - ganz in der Art des echten Berliners, der Kasner ja war. In Berlin gilt schließlich «Da kann man nicht meckern!» als höchstes Lob. Und auch Kanzlerin Merkel zeigt - außer im Fußballstadion - eher selten überschäumende Emotionen. In diesem Punkt hat der Vater offensichtlich seinen Stempel hinterlassen.

Arbeitsam war er bis zu seinem Lebensende. Bis zuletzt habe Horst Kasner noch im «Kirchlein im Grünen» in Alt Placht bei Templin Trauungen vorgenommen, sagt der Superintendent der evangelischen Kirchengemeinde Maria Magdalenen in Templin, Uwe Simon. «Das ist ein großer Verlust. Horst Kasner war ein sehr engagierter Mann.»

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