Bierbrauer wollen künftig Kalorienangaben aufs Etikett drucken

18.1.2019, 17:22 Uhr
Biertrinker in Deutschland sollen künftig schon beim Blick aufs Etikett erfahren, wie viel Kalorien der Gerstensaft hat.

© dpa/Armin Weigel Biertrinker in Deutschland sollen künftig schon beim Blick aufs Etikett erfahren, wie viel Kalorien der Gerstensaft hat.

Macht Bier dick? Die Antwort soll der Verbraucher künftig schon auf dem Etikett der Flasche erhalten, finden der Deutsche Brauer-Bund und der Verband Privater Brauereien in Deutschland. Die Branchen-Vertreter drängen Winzer und Spirituosenhersteller, ihrem Beispiel zu folgen. 

Der Hintergrund: Bislang müssen alkoholische Getränke in der EU noch keine Nährwertangaben tragen, doch die EU-Kommission drängt seit Jahren darauf. Für den Hauptgeschäftsführer des Brauer-Bundes, Holger Eichele, ist der Schritt deshalb nur zeitgemäß: Fast alle Produkte im Supermarkt hätten Kalorienangaben auf der Verpackung – außer eben alkoholische Getränke. „Das ist für viele Verbraucher nicht nachvollziehbar“, findet er. „Sie erwarten diese Angaben inzwischen einfach.“

Viele schätzen Kalorien eine Bieres falsch ein

Die Brauer hätten auch nichts zu verstecken, betonte Eichele. Im Gegenteil, die größere Transparenz sei in ihrem ureigensten Interesse. Denn Umfragen zeigten, dass viele Verbraucher in Europa den Kaloriengehalt von Bier überschätzten. Der Kaloriengehalt eines „normalen“ Bieres entspricht nach laut der Verbraucherzentrale Hamburg etwa dem von Apfelsaft oder Cola. Das seien rund 200 Kalorien.

Alle großen deutschen Brauereigruppen machen Eichele zufolge bei Einführung der Kalorienangabe mit – und sehr viele der kleineren Anbieter auch. Nach einem Bericht der Lebensmittel Zeitung sind unter anderem Bitburger, Krombacher, Oettinger, Paulaner, Radeberger, Veltins und Warsteiner dabei. Internationale Brauriesen wie ABInBev, Carlsberg oder Heineken haben die Kennzeichnung demnach bereits eingeführt. In Deutschland werden die Angaben bis Ende des Jahres bereits auf sehr vielen Marken sichtbar sein, prognostizierte Eichele.

Bedenken bei Brauern in der Region

Brauer in der Region sehen den Vorstoß gespalten. „Wenn die Angabe freiwillig ist, werden wir nicht mitmachen“, sagt Mike Schmitt, Geschäftsführer der Brauerei Nikl in Pretzfeld (Lkr. Forchheim). Der Grund: Wie viele andere kleine Betriebe in Oberfranken braue er Spezialbiere oft nur in geringen Mengen. Jede Sorte müsste dann einzeln analysiert und neue Etiketten gedruckt werden. „Das wäre ein einziges Desaster, weil es sehr teuer wäre“, so Schmitt. „Bisher haben mich aber keine fünf Leute nach den Kalorien gefragt.“

Andernorts hat man ebenfalls Bedenken, will der Initiative aber folgen: „Wir versuchen, transparenter zu werden, auch wenn damit erhebliche Kosten auf uns zukommen“, erklärt Jeff Maisel, Geschäftsführer der gleichnamigen Brauerei in Bayreuth. Ihn stört, dass er sein Bier nun kostenaufwändig regelmäßig im Labor überprüfen lassen muss. „Warum reicht einmal nicht aus? An der Rezeptur ändert sich doch nichts.“

Maisel vermutet, dass der Vorstoß nicht ganz ohne Hintergedanke kommt: „Damit will der Verband einer gesetzlichen Regelung zuvorkommen.“ Trotzdem unterstützt er die Initiative: „Wir brauchen uns bei den Kalorien wirklich nicht verstecken“, stellt er klar. „Es gibt zwar das Klischee vom Bierbauch. Der kommt aber nur, weil Bier den Appetit anregt. Bier allein macht nämlich nicht dick.“

"Franken überlegen nicht, ob Wein dick macht"

Die beiden Branchen-Verbände drängen auch die Wein- und Spirituosenhersteller, sich der Aktion anzuschließen – und das vielleicht nicht ganz uneigennützig: Denn nach Angaben der Verbraucherzentrale haben Sekt und Wein einen fast doppelt so hohen Kaloriengehalt wie Bier. Bei Spirituosen liege er sogar fünf- bis sechsmal so hoch. Erste Reaktionen der Weinbauern auf Appell fielen eher zurückhaltend aus. Die Winzer wollen sich zusätzlichen Verbraucherinformationen nicht verschließen, hieß es beim Deutschen Weininstitut. Allerdings sei das Gesamtkonzept noch nicht ausdiskutiert.

Der Sprecher des Fränkischen Weinbauernverbandes, Michael Bock, erklärte: „Für Nährwert- oder Kalorienangaben auf Wein sehen wir keinen Bedarf, da Wein ein Genussmittel ist.“ Er fügte noch hinzu: „Die Menschen in Franken überlegen aber auch nicht, ob Wein dick macht. Sie genießen ihn.“ Vom Bundesverband der Spirituosen-Industrie war zunächst keine Stellungnahme zu erhalten.