Die Gefahr riecht nach Harz und Orangen

21.10.2019, 09:25 Uhr
Die Gefahr riecht nach Harz und Orangen

© Jens Steingässer

Der Wald leidet unter den Folgen des Klimawandels. Wie schadet er den Bäumen?

Peter Wohlleben: Echte Urwaldbäume wie Buchen oder Eichen mögen es nicht heiß und trocken. Doch genau so war das Wetter in diesem Sommer und im letzten Sommer über viele Wochen. Dann finden die Wurzeln im Boden kein Wasser mehr, und der Baum kann verdursten — genau wie ein Mensch.

Vielen Bäumen geht es schlecht, müssen sie deshalb sterben?

Wohlleben: Im Moment stirbt nicht der Wald, sondern künstlich angelegte Plantagen. Das sind Wälder, in denen die Bäume in Reihen gepflanzt worden sind, ähnlich wie ein Maisfeld. Oft sind es auch Baumarten, die es bei uns eigentlich gar nicht gibt, wie Fichten oder Kiefern. Sie kommen aus kühleren Gegenden wie dem Gebirge und fühlen sich bei uns auch ohne heißen Sommer nicht wohl.

In unserer Region gibt es eine ganze Menge Kiefern- und Fichtenwälder. Man sieht darin sehr viele Nadelbäume, die ganz rot geworden sind. Was kann man dagegen tun?

Wohlleben: Für richtigen Wald kann das sogar eine Chance sein. Borkenkäfer befallen die Kiefern, so dass die Bäume sterben. Wenn jetzt alles in Ruhe gelassen wird, kann der Wald sich wunderbar allein erholen. Zuerst wachsen Birken und Pappeln neu, deren Samen mit dem Wind sehr weit fliegen können. Viele Jahre später bringen Vögel Eicheln und Bucheckern herbei, so dass sich langsam ein schöner Laubwald entwickeln kann. Dazu brauchen wir Menschen aber sehr viel Geduld, denn man kann dabei nur zusehen.

Sie unterstützen die Fridays-for-Future-Bewegung. Glauben Sie, dass Kinder und Jugendliche den Klimawandel aufhalten können?

Wohlleben: Ich weiß sogar, dass Kinder das können. Ohne Fridays for Future hätte die Regierung den Klimaschutz nicht so in den Mittelpunkt gerückt. Ich bin froh, dass so viele Kinder demonstrieren, und ich selbst war auch bei der großen Demonstration im September in Köln dabei.

Sie haben viel darüber geschrieben, wie sich Bäume miteinander unterhalten. Teilen sich die Bäume denn mit, wenn sie in Not sind?

Wohlleben: Ja, Bäume reden viel miteinander, oft über Düfte. Wenn es Nadelbäumen schlecht geht, können wir Menschen das sogar riechen. Dann riecht es leicht nach Orangen und Harz. Für die Bäume heißt diese Warnung, dass es sehr trocken wird und Borkenkäfer kommen.

Gab es für Sie ein besonders beeindruckendes Ergebnis, als Sie die Baumsprache erforscht haben?

Wohlleben: Ich finde es ganz besonders schön, dass sogar alte Baumstümpfe am Leben gehalten werden. Über die Wurzeln pumpen ihnen ihre Nachbarn nämlich Zucker herüber, so dass sie noch viele Hundert Jahre älter werden können.

Was glauben Sie: Werden wir eines Tages in der Lage sein, die Sprache der Bäume zu verstehen oder gar selbst mit ihnen zu sprechen?

Wohlleben: Ich glaube nicht, dass wir irgendwann mit den Bäumen reden können, weil sie doch sehr verschieden von uns sind. Aber dass wir verstehen können, worüber sie sich untereinander unterhalten, können sich Wissenschaftler sehr gut vorstellen. Ich persönlich bin gespannt und würde mich darüber riesig freuen!

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