Die USA vor der Präsidentschaftswahl: Wird Arizona ein "Blue State"?

27.10.2020, 17:08 Uhr
Sängerin Cher wirbt am 25. Oktober in Phoenix, Arizona, für den demokratischen Präsidentschaftskandidaten Joe Biden.

© ARIANA DREHSLER, AFP Sängerin Cher wirbt am 25. Oktober in Phoenix, Arizona, für den demokratischen Präsidentschaftskandidaten Joe Biden.

12,5 Stunden mit dem Auto von Oakland nach Phoenix. Eigentlich wollte ich schon am Sonntag losfahren und eine Nacht in Südkalifornien verbringen, damit die Tour nicht ganz so lang wird. Doch mal wieder war extreme Feuergefahr in Oakland und der Region angesagt. Starke und wirbelnde Winde, so heftig wie seit 20 Jahren nicht mehr, wurden angekündigt. Und dazu die Trockenheit. Parks wurden geschlossen, die Feuerwehren patrouillierten und der Stromversorger PG&E stellte mal wieder präventiv für fast 500.000 Haushalte den Strom ab. Auch bei mir im Haus gingen die Lichter aus.

Montagmorgen ging es dann nach einer unruhigen Nacht mit Sturm und Generatorenlärm des Nachbarn doch los. Im Central Valley merkt man schnell, dass die San Francisco Bay Area eine Blase ist. Politisch eindeutig links-progressiv, Trump Schilder, Aufkleber oder dergleichen sieht man da nicht. Anders im Valley, wo Farmer neben der Interstate 5 eindeutige Parolen und Plakate aufgestellt haben. Das Central Valley ist das kalifornische Trump-Country.

Über den Grapevine Pass, vorbei am Pyramid Lake kommt man in die Außenbezirke von Los Angeles. Stau und dann noch starke Rauchbildung durch das gewaltige Feuer in Irvine. Vom Interstate 5 geht es dann auf den Interstate 10 Richtung Osten, Richtung Arizona. Der Sprit wird billiger, eine Gallone, 3,78 Liter, kostet da nur noch zwei Dollar und zehn Cent. Traumpreise für Kalifornien.

Entlang des I10 tauchen dann mehr und mehr politische Billboards auf. Donald Trump und Joe Biden kämpfen hier um jede Stimme. Arizona ist zu einem Swing State geworden. Seit 1952 hat Arizona mehrheitlich immer für den republikanischen Präsidentschaftskandidaten gestimmt. 2016 lag Donald Trump hier noch mit drei Prozent vor Hillary Clinton. Doch diese Tage sind vorbei. Arizona ist hart umkämpft. Einer der Gründe ist der Wandel in der Bevölkerung. Mehr Latinos und mehr junge Wählerinnen und Wähler verändern den Grand Canyon State. Vor allem das, was in Maricopa County, dem größten Bezirk im Bundesstaat mit der Metropole Phoenix passiert, hat Auswirkungen auf die politische Ausrichtung der Zukunft. Und der Linksruck ist deutlich zu sehen.

Arizona bröckelt derzeit als Bastion der Republikaner. Und das liegt auch an Donald Trump und seiner selbstherrlichen Art. Namhafte Republikaner von hier, wie der frühere GOP Senator Jeff Flake oder die Witwe des republikanischen Urgesteins John McCain, Cindy McCain, haben sich offen von Trump abgewendet und für Joe Biden gestimmt. Auch in den “Suburbs”, den Vorstädten, die Trump so preist, ist die Stimmung gekippt. Gerade Frauen dort stimmen gegen Trump.

Die überhastete Wahl der neuen Verfassungsrichterin Amy Coney Barrett zeigt vielen, was auf dem Spiel steht. Selbst der rechtsaußen Aktivist und Trump Supporter, Charlie Kirk, der in Phoenix lebt, erklärte, dass Arizona nun zum Zünglein an der Waage werden könnte. “Wenn mir das einer vor zehn Jahren erzählt hätte, hätte ich gedacht, das ist ein Witz”, erklärte er in einm Interview.

Heute geht es für mich hoch nach Flagstaff, zweieinhalb Stunden nördlich von Phoenix. Dort habe ich zwei Interviews an der Universität, abends werde ich zurück in Phoenix sein, noch eine Nacht hier, dann geht es runter nach Tucson und an die Grenze. Ich bin gespannt, was ich hier in Arizona sehen und erleben werde.

Verwandte Themen


1 Kommentar