Märchen aus Sand

31.3.2012, 16:54 Uhr
Märchen aus Sand

© dpa

Sorgfältig streicht Jiri Kaspar mit seiner kleinen Kelle über die Sandfigur. Dann glättet der 35-Jährige mit einem Borstenpinsel die Konturen von Esel, Hund, Kater und Hahn. Sechs Tage habe er für die über zwei Meter hohe Darstellung der berühmten Bremer Stadtmusikanten gebraucht, sagt der Tscheche, der gleich neben den übereinander stehenden Tieren auch noch die Stadtsilhouette von Bremen in Sand erstehen ließ. „Auch bei uns in Prag kennt jedes Kind das Märchen, nur heißt es da einfach 'Die wandernden Tiere und die Räuber'“, sagt er.

Sandkünstler liefern Märchenszenen mit viel Sinn fürs Detail

Das schon zum dritten Mal auf Rügen stattfindenden Festival sei diesmal dem 200. Jahrestag der Erstauflage der Kinder- und Hausmärchen der Gebrüder Grimm gewidmet, sagt Thomas van den Dongen vom holländischen Veranstalter Sculpture Event. Gleich am Eingang der Ausstellung werde der Besucher daher von den Büsten von Jacob und Wilhelm Grimm erwartet, hinter ihnen ein riesiges Märchenbuch und eine Großmutter, die ihren Enkeln Geschichten vorliest.

Der von Martin de Zoete konzipierte Rundgang führt den Gast durch bekannte Märchenszenen. Man begegnet dem Gestiefelten Kater ebenso wie Schneewittchen, Rapunzel und Rotkäppchen, schaut Frau Holle bei der Arbeit zu oder dem Tapferen Schneiderlein im Kampf gegen das Einhorn. Mit viel Sinn fürs Detail hätten die 50 Künstler auch dramatische Szenen dargestellt, sagt van den Dongen. „Zum Beispiel jenen Moment, als der Wolf ins Haus stürmt und die sieben Geißlein sich hektisch zu verstecken versuchen.“

Auch Figuren von Busch, Swift, Andersen und Lagerlöf dabei

In einer zweiten Halle widmet sich die Schau weiteren Märchenerzählern wie Jonathan Swift (Gullivers Reisen), Hans Christian Andersen (Die Prinzessin auf der Erbse, Die kleinen Seejungfrau) oder Selma Lagerlöf (Nils Holgersons wunderbare Reise). Natürlich dürfen da auch Wilhelm Buschs „Max und Moritz“ nicht fehlen, und für die Kleinsten gibt es sogar noch eine Begegnung mit dem Sandmännchen und seinen Freunden.

Mehr noch als in den Vorjahren biete sich diese Ausstellung für die ganze Familie an, sagt van den Dongen. Erstmals wurde zum Beispiel ein überdachter Buddelspielplatz eingerichtet, in dem die Kinder ihre eigenen Baukünste probieren könnten. Für Aufsehen dürfte im Juni ein Weltrekordversuch sorgen, wenn mehrere Künstler im Freigelände die höchste, je gebaute Sandskulptur errichten wollen. Für die Burg mit mehreren Märchengestalten, die 24 Meter in die Höhe reichen soll, werden weitere 12.000 Tonnen Spezialsand benötigt.

Viele Ideen für künftige Sand-Welten

Mit dem Wechsel des Festivals vom etwas abgelegenen Neddesitz nach Binz erhoffen sich die Veranstalter in diesem Sommer deutlich mehr als 200.000 Besucher. Schon jetzt steht aber fest, dass es 2013 eine Neuauflage gibt. „Wir könnten zum Beispiel mal alte Inselsagen zum Thema machen, oder die in Ostdeutschland besonders beliebten russischen Märchen oder aber auch mal ganz aktuelle Rügen-Storys“, sagt van den Dongen.

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