Medizin-Revolution: Ärzte beleben heruntergekühlten Menschen wieder

22.11.2019, 13:32 Uhr
Bei einem Notfall-Patienten in den USA ist das Experiment bereits geglückt. Durch den Kälteschlaf konnten die Ärzte lebensrettende Eingriffe vornehmen.

© dpa Bei einem Notfall-Patienten in den USA ist das Experiment bereits geglückt. Durch den Kälteschlaf konnten die Ärzte lebensrettende Eingriffe vornehmen.

Mit Hilfe von Kälte und Salzlösung wollen US-Mediziner mehr schwerstverletzte Menschen am Leben erhalten. Sie erproben seit einigen Jahren eine Behandlung, bei der das Blut der Patienten gegen eine Salzlösung ausgetauscht und der Körper auf 10 bis 15 Grad gekühlt wird, wie das Magazin New Scientist am Donnerstag berichtete. Bei einem Notfall-Patienten in den USA sei das Experiment bereits geglückt. Durch den Kälteschlaf legten die Mediziner den kurz bevorstehenden Tod für zwei Stunden auf Eis, in dieser Zeit konnten die Ärzte lebensrettende Eingriffe vornehmen.

Weil durch die Kälte Abbauprozesse in den Zellen gestoppt werden, nehme das Gehirn weniger Schaden. Ärzte bekämen so mehr Zeit, lebensrettende Operationen durchzuführen. Bei wie vielen Patienten das Verfahren bereits getestet wurde und wie viele von ihnen überlebten, sagte Studienleiter Samuel Tisherman von der University of Maryland School of Medicine (Baltimore) dem Magazin zufolge nicht. Er hoffe, bis Ende 2020 Ergebnisse veröffentlichen zu können.

Überlebenswahrscheinlichkeit von unter fünf Prozent

Die Tests führt Tisherman mit Patienten durch, die schwerstverletzt in die Universitätsklinik von Baltimore (US-Staat Maryland) eingeliefert werden. In Frage kommen nur Menschen, die beispielsweise aufgrund einer Schuss- oder Stichverletzung mehr als die Hälfte ihres Blutes verloren haben, deren Herz zu schlagen aufgehört hat und bei denen die Überlebenswahrscheinlichkeit auf unter fünf Prozent gesunken ist. Normalerweise würden sie innerhalb von Minuten sterben.

Inzwischen kämpfen Ärzte in Extremfällen mehrere Stunden um einen Menschen - und können Erfolg haben. Dazu trägt eine vor rund zwei Jahrzehnten etablierte Methode bei: die therapeutische Hypothermie. Menschen mit Herz-Kreislauf-Versagen werden dabei zum Beispiel schon während oder direkt nach der Wiederbelebung gekühlt - mit speziellen Pads, Infusionen oder auch Eisbeuteln. Auch bei Operationen am Herzen wird die Körpertemperatur teils abgesenkt.

An Tieren getestet

Dieses Kältemanagement kombinieren die US-Forscher mit der Injektion von Salzlösung in die Blutbahn. "Dass das Prinzip funktioniert, weiß man aus Tierversuchen", sagte Bernd Böttiger, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Rates für Wiederbelebung. An Menschen sei es seines Wissens von anderen Medizinern noch nicht erprobt worden. Ob und wie gut das Verfahren funktioniere, sei daher erst mit einer Reihe bislang nicht zur Verfügung stehender Ergebnisse abzuschätzen, so der Direktor der Klinik für Anästhesiologie und Operative Intensivmedizin des Universitätsklinikums Köln.

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