Mögliche Alternative zum Testzentrum

Selbsttest per Video und ohne Anstehen? Das steckt dahinter

13.10.2021, 19:05 Uhr
Mit einem handelsüblichen Selbsttest kann man seit diesem Sommer per Videoüberwachung ein Zertifikat erwerben.

© Karl-Josef Hildenbrand, dpa Mit einem handelsüblichen Selbsttest kann man seit diesem Sommer per Videoüberwachung ein Zertifikat erwerben.

Das Prinzip von videoüberwachter Selbsttestung hört sich vielversprechend an: Wer einen Coronatest benötigt, kauft sich diesen im Supermarkt und filmt sich im Anschluss beim Testen selbst. Danach bekommt man das Zertifikat zugesandt. Das Verfahren kostet je nach Anbieter zwischen 15 und 20 Euro und geht - so die Anbieter - gemütlich von zu Hause aus.

In Deutschland gibt es für das Testverfahren per Video derzeit zwei Anbieter: COTEON und freetogo. Deren Zertifikate ähneln denen von normalen Corona-Testzentren.

Zertifikat nach maximal 2 Stunden

Laut der Deutschen Presseagentur dauert der Test beim Anbieter COTEON rund 20 Minuten. Eine große Anzahl an Tests verschiedener Anbieter sind zugelassen, darunter Nasen-Bohrtests, Lolli-Test und Speicheltest. Der Kunde muss die Handykamera in die richtige Position bringen, damit der Selbsttest gut sichtbar ist. Im ersten Schritt ist eine Verifizierung mit dem Personalausweis nötig, ähnlich wie beim Eröffnen eines Online-Bankkontos. Im Anschluss führt der Kunde vor laufender Kamera den Selbsttest durch. Danach müssen der Getestete selbst und die Testkassette zu sehen sein, bis 15 Minuten vorbei sind und das Ergebnis angezeigt wird. Dieses wird für etwa fünf Sekunden in die Kamera gehalten. Nach spätestens zwei Stunden wird dann laut den Betreibern das Zertifikat per Mail zugeschickt.

Das Konzept des Konkurrenten "freetogo" ist etwas anders: Der Test wird hier mittels Videotelefonie überwacht und assistiert. Doch bevor das Telefonat startet, wird dem Kunden eine Nummer zugesandt, die er auf die Testkassette schreiben muss. Nachdem der Test durchgeführt wurde, endet der Anruf. Die 15 Minuten Wartezeit kann man dann ohne Videobeobachtung verbringen. Denn beim Ablesen des Testergebnisses wird die zuvor zugesandte Nummer überprüft. Im Falle eines negativen Ergebnisses wird das Zertifikat in der App und per Mail zugestellt.

Auch Online-Tests sind kostenpflichtig

Kostenpunkt bei COTEON sind 14,90 Euro. Freetogo, ein Start-up der Uni Potsdam, verlangt für sein Zertifikat 19,99 Euro. Bei beiden Anbietern kommen die Kosten für das Testkit noch obendrauf. Die sind im Handel aber überschaubar und kosten zum Teil unter einem Euro. Auf beiden Internetseiten werden die akzeptierten Selbsttests aufgelistet.

Die Vorteile sind laut freetogo und COTEON vielfältig. So kann man den Test bequem von Zuhause durchführen und spart sich den Weg zum Testzentrum. Von denen gibt es voraussichtlich bald weniger, da die Tests seit Montag kostenpflichtig sind und der Andrang - so auch in Nürnberg beobachtet - abnimmt. Vorteilhaft sei der videoüberwachte Selbsttest laut COTEON besonders für Eltern, die den Test bei ihren Kindern durchführen wollen. Freetogo betont in einer Mitteilung gegenüber nordbayern.de, dass auch vulnerable Gruppen sich mit dem Online-Test besser schützen könnten und weite Anreisen ins Testzentrum entfielen. Noch interessanter scheint das Konzept wohl aber für Reisende zu sein, weil die Zertifikate laut COTEON auf über 20 Sprachen verfügbar sind und laut Hersteller auch in ganz Europa zugelassen sind. In fremden Ländern würde so die unter Umständen schwierige Suche nach Testzentren wegfallen.

Unstimmigkeiten über Gültigkeit

Ein großes Problem haben diese Online-Tests allerdings: die Zulassung. Sowohl auf der Seite von freetogo als auch von COTEON wird mit europaweiter Zulassung geworben. Nur stimmt das zumindest für Deutschland so nicht. Das Bundesgesundheitsministerium schreibt auf seiner Homepage explizit, dass videoüberwachte Selbsttests nicht gültig sind.

COTEON räumte auf Nachfrage von nordbayern.de ein, dass das Online-Testverfahren nicht vom Bundesgesundheitsministerium unterstützt würde. Allerdings haben Rechtsgutachten, unter anderem von der Wirtschaftskanzlei fieldfisher, die Gültigkeit des Verfahrens bestätigt. Desweiteren werden die Tests von vielen Akteuren im Tourismus akzeptiert, darunter auch die Lufthansa. Genauso zählt auch das Land Mecklenburg-Vorpommern und der Tourismus-Verband Lübecker Bucht zu den Unterstützern. Die Rechtslage scheint also nicht eindeutig zu sein.

Das bestätigt auch die Mitteilung von Matthias Weingärtner, dem Geschäftsführer von freetogo. Er bestätigt ebenfalls, dass das Bundesgesundheitsministerium den digitalen Corona-Tests kritisch gegenüberstehe. Viele Gesundheitsbehörden seien einer anderen Auffassung als die Gutachten.

Es kommt darauf an, wer prüft

Diese Unstimmigkeiten in der Zulassung sind allem Anschein nach für COTEON und freetogo kein Hindernis. Die Zertifikate ähneln denen von Testzentren. Bei der Kontrolle im Kino müsste also auffallen, dass ein videoüberwachter Selbstversuch vorgenommen wurde und die kontrollierende Person müsste wissen, dass dieses Verfahren nicht vom Bundesgesundheitsministerium unterstützt wird. Wem dennoch der Zutritt verwehrt wird, der bleibt wohl auch auf den Kosten des Online-Tests sitzen. Gleichzeitig ist noch nicht abschließend geklärt, ob die Zertifikate bei einer Prüfung - beispielsweise durch das Ordnungsamt - gültig sind. Das müssen im Einzelfall wohl Gerichte klären.

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