Männer als Maßstab

Umfrage zeigt: Mehrheit wünscht sich geschlechtsspezifische Beipackzettel bei Medikamenten

Svenja Strunz

E-Mail zur Autorenseite

6.7.2022, 12:46 Uhr
Laut einer Umfrage ist die Mehrheit der Deutschen für separate Dosierungsangaben.

© Pixabay/jarmoluk Laut einer Umfrage ist die Mehrheit der Deutschen für separate Dosierungsangaben.

Auf jedem Beipackzettel sind Angaben zur Dosierung zu finden. Trotz biologischer Unterschiede gilt das männliche Geschlecht meist als Maßstab. Unklar bleibt, ob sich die Mengenangaben auf beide Geschlechter beziehen.

Mangelnde Aufklärung bei geschlechtsspezifischer Medikation

Im Rahmen einer repräsentativen Umfrage der Krankenkasse BKK VBU hat sich gezeigt, dass 78 Prozent der Menschen in Deutschland noch nie über die unterschiedliche Wirkung von Medikamenten für Männer und Frauen durch ihren Arzt oder Apotheker informiert worden sind. Das bestätigten rund 82 Prozent der Frauen und 75 Prozent der Männer unter mehr als 1000 befragten Erwachsenen.

Risiko von Überdosierung bei Frauen

Zwischen den Geschlechtern gibt es biologische Unterschiede hinsichtlich der Fett-, Wasser- und Muskelanteile sowie der hormonellen Aufstellung. Zudem sind Frauen durchschnittlich etwas kleiner und wiegen weniger als Männer. Die führt laut BKK VBU dazu, dass sowohl im Verlauf einer Krankheit als auch in der Wirkung von Medikamenten Unterschiede festzustellen sind.

Diese Aspekte bleiben jedoch bei der Dosierung im medizinischen Alltag meist unberücksichtigt. Frauen erhalten somit in Relation zu ihrem Körpergewicht in vielen Fällen eine zu hohe Dosis.

Männer als Norm der Medizinforschung

Laut der BKK VBU ist der Mann Maßstab der medizinischen Ausbildung und Behandlung. Andrea Galle, Vorständin der Krankenkasse, weißt auf die dominierende Rolle der Männer hin: "Bis heute gilt das männliche Geschlecht als die Norm in der Medizinforschung. "

Medizinische Studien werden demnach oft nur an Männern vorgenommen, die Ergebnisse jedoch ohne große Bedenken auch bei der Behandlung von Frauen eingesetzt.

"Es ist an der Zeit, endlich den Blick in der medizinischen Versorgung auf die biologischen Unterschiede zwischen Mann und Frau zu lenken, so dass beide Geschlechter davon profitieren", betont Andrea Galle.

Die Mehrheit der Befragten wünscht sich separate Dosierungsangaben für Männer und Frauen. Wie die Umfrageergebnisse zeigen, halten rund 74 Prozent der Befragten geschlechtsspezifische Dosierungsangaben im Beipackzettel für sinnvoll. Besonders junge Menschen unter 29 Jahren sprechen sich mit 86 Prozent verstärkt für die erweiterten Packungsbeilagen aus. Bei den über 60-Jährigen liegt der Anteil mit 69 Prozent etwas darunter.