15-Kilometer-Radius für Hotspots: Was Sie dürfen - und was nicht

11.1.2021, 10:40 Uhr
Die Polizei wird auch in Franken bald die Einhaltung eines 15-Kilometer-Radius' kontrollieren müssen.

© NEWS5 / Oßwald, NEWS5 Die Polizei wird auch in Franken bald die Einhaltung eines 15-Kilometer-Radius' kontrollieren müssen.

Es ist nötig, beinahe ausweglos - so liest sich die Begründung zur Änderung der geltenden Infektionsschutzmaßnahmenverordnung in Bayern. Sie regelt, was im Freistaat im Kampf gegen die Pandemie gilt. Die 29 Paragraphen auf zwölf Seiten sind die rechtliche Basis für die Einschränkungen im Einzelhandel, sie definieren, wann ein Bußgeld fällig wird - und nun auch, wann der 15-Kilometer-Radius für Menschen aus Corona-Hotspots gilt.


Neue Kontaktbeschränkungen: Was erlaubt ist - und was nicht


Die Bewegungssperre für Anwohner in Gebieten, in denen die Infektionszahlen besonders hoch sind, ist die wohl schärfste neue Maßnahme der bayerischen Staatsregierung. Vergangenen Montag einigten sich Bund und Länder auf den Radius, der Freistaat, das kündigte Ministerpräsident Markus Söder an, werde die Beschlüsse voll mittragen. Am Freitag stimmte der Landtag für ein Verschärfungs-Paket - wenn auch mit Zwischentönen. Außer den regierenden Fraktionen von CSU und den Freien Wählern verweigerten alle anderen Parteien ihre Zustimmung. "Grundrechtseinschränkungen nach Bauchgefühl sind nicht akzeptabel", sagte etwa FDP-Fraktionschef Martin Hagen. Sollte ein derzeitiger Hotspot seinen Inzidenzwert mindestens sieben Tagen in Folge unterschreiten, kann die Bewegungseinschränkung aufgehoben werden.


Am Montag kein Corona-Hotspot: Zahlen aus Nürnberg werden nachgereicht - was das konkret bedeutet


Die folgende Karte zeigt den Radius von rund 15 Kilometern ab der Nürnberger Stadtgrenze. Am Montag gilt die Regelung für Nürnberg noch nicht, das Überschreiten der Inzidenzgrenze wird aber erwartet.

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Es geht explizit nur um "touristische Tagesausflüge"

Der Radius gilt ab einer Sieben-Tage-Inzidenz von 200 ab der Außengrenze der eigenen Gemeinde - aber eben nur explizit für "touristische Tagesausflüge", wie es in der Verordnung heißt. Bei den Ausnahmen wird auf Paragraph zwei und drei verwiesen, in denen die sogenannten "Allgemeinen Ausgangsbeschränkungen" geregelt sind. Heißt: Außerhalb des 15-Kilometer-Radius bleibt erlaubt, was Bürger auch innerhalb ihres Wohnortes dürfen.

Gleich 13 Ausnahmen und sogenannte "triftige Gründe" definiert die Verordnungen, konkret sind das:

1. die Ausübung beruflicher oder dienstlicher Tätigkeiten

2. der Besuch von Einrichtungen und die Wahrnehmung von Angeboten (...) soweit sie zulässig sind, und die Teilnahme an Prüfungen

3. die Inanspruchnahme medizinischer, pflegerischer und veterinärmedizinischer Versorgungsleistungen, der Besuch bei Angehörigen therapeutischer Berufe sowie Blutspenden

4. Versorgungsgänge, Einkauf und der Besuch von Dienstleistungsbetrieben in dem (...) zulässigen Ausmaß

5. der Besuch eines anderen Hausstands unter Beachtung der Kontaktbeschränkung

6. der Besuch bei Ehegatten, Lebenspartnern, Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft, Alten, Kranken oder Menschen mit Einschränkungen unter Beachtung der Kontaktbeschränkung

7. die Wahrnehmung des Sorge- und Umgangsrechts

8. die Begleitung von unterstützungsbedürftigen Personen und Minderjährigen unter Beachtung der Kontaktbeschränkung

9. die Begleitung Sterbender sowie die Teilnahme an Beerdigungen im engsten Familien- und Freundeskreis

10. Sport und Bewegung an der frischen Luft unter Beachtung der Kontaktbeschränkung

11. die Versorgung von Tieren

12. Behördengänge

13. die Teilnahme an Gottesdiensten und an Zusammenkünften von Glaubensgemeinschaften unter den Voraussetzungen (...) sowie an Versammlungen

Bleiben also Wandern und Sport an der frischen Luft auch außerhalb des 15-Kilometer-Radius' erlaubt? Besonders Ziffer 10 sorgt für Verwirrung - aber nur auf den ersten Blick. In der Begründung zur Änderung der Verordnung, die die Staatsregierung zeitgleich veröffentlichte, heißt es:

"Die in § 2 (...) geregelte Ausnahme für 'Sport und Bewegung an der frischen Luft' begründet ausdrücklich keine Rechtfertigung für das Verlassen des 15-Kilometer-Radius. Dies fällt in den Bereich der 'touristischen Ausflüge'."

Wandern und Freizeitsport sind also außerhalb des Bewegungsradius für Menschen aus Hotspots explizit verboten. Es gehe darum, die Mobilität "aus Gebieten mit besonders hoher Inzidenz heraus einzuschränken und auf diese Weise eine Ausbreitung des Infektionsgeschehens zu unterbinden".

Was ist mit dem Besuch bei Freunden?

Familie und Verwandte sowie Freunde dürfen aber explizit besucht werden, zumindest dann, wenn sich das Treffen auf einen weiteren Hausstand beschränkt. Ein Grenzfall dürfte dann aber der gemeinsame Spaziergang sein - dazu äußerte sich die Staatsregierung bislang nicht.

Ausdrücklich erlaubt ist auch, den eigenen Bewegungsradius für den Einkauf etwa im Nachbarort zu verlassen. Dafür setzte sich Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) ein.

In Bayern, auch das regelt die Infektionsschutzmaßnahmenverordnung, können Gemeinden per Allgemeinverfügung künftig den Tagestourismus in ihre Stadt oder ihren Landkreis verbieten. So soll ein Besucheransturm etwa in die Bergregionen des Freistaats verhindert werden.

Kritik von der SPD: "Für Menschen undurchschaubar"

Noch vor Inkrafttreten sorgt der 15-Kilometer-Radius für teils harsche Kritik. "Sie kann von der Polizei kaum kontrolliert werden und ist für die Menschen undurchschaubar", sagte Arnold. "Wie lässt sich begründen, dass nahezu ganz Oberbayern einschließlich München nach aktuellem Stand ungehindert in den Bayerischen Wald reisen darf - ein Hochrisikogebiet - während ein Passauer noch nicht einmal in das benachbarte Hauzenberg fahren dürfte?"

Auch die Deutschen Polizeigewerkschaft ist skeptisch. Man könne nur "schwerpunktmäßig kontrollieren, nicht flächendeckend", sagte der Vorsitzende Rainer Wendt der Deutschen Presse-Agentur. "Mit der Zunahme von Regelungen nimmt die Kontrolldichte ab."

Zuletzt stürmten Tagestouristen auch Bayerns Naherholungsgebiete. Am Wochenende blieb das befürchtete Chaos kurz vor dem Start des Bewegungsradius aber aus. Spaziergänger und Rodler sorgten zwar für volle Parkplätze, die Polizei meldete aber keine größeren Probleme.

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