Abgasnorm Euro7: Regulieren ohne Rücksicht

Nürnberg - Die EU-Kommission will die Abgasnormen für die Autoindustrie weiter verschärfen. Dabei setzt sie ganz offensichtlich einseitig auf die E-Technologie. Ob das sinnvoll ist, stellt NZ-Chefredakteur Stephan Sohr in Frage.

Wenn die geplante EU-Abgasnorm Euro 7 so kommt, wie es derzeit berichtet wird, dann hat die Autoindustrie in Europa insgesamt ein Problem, die deutsche aber besonders. Weil sie mehr als andere besonders schwere, besonders leistungsstarke Modelle im Programm hat als etwa die französische oder italienische. Diese Modelle sind für die Autohersteller aber wichtig – sie sind Technologieträger für Entwicklungen, die nach und nach auch in Brot-und-Butter-Autos zum Einsatz kommen und sie sind sehr viel margenstärker als karg ausgestattete Kleinwagen.

Das alles ist der EU-Kommission und den für Euro 7 verantwortlichen Experten möglicherweise bewusst, aber faktisch egal. Für sie zählt nur eins: die Schadstoff-Emissionen müssen runter, koste es was es wolle – und seien es viele hunderttausend Arbeitsplätze.

Ja, umso weniger Schadstoffe durch den Autoverkehr entstehen, umso besser wird die Luft in unseren Städten, umso näher kommen die EU-Länder den Klimazielen. Zu fragen ist allerdings, welcher Aufwand welchen Ertrag bringt, was die Folgen wären und was sinnvoll ist. So könnte durch mannigfaltige Angebotsverbesserungen beim ÖPNV womöglich mehr erreicht werden als durch immer schärfere Abgasnormen, die in letzter Konsequenz dazu führen, dass eine ganze Industrie kaputt reguliert wird.

Negiert wird in der ganzen Diskussion, dass die Autoindustrie, auch die deutsche, in den letzten Jahren große Anstrengungen unternommen hat, um die Verbrennertechnologie sauberer zu machen. Die aktuell geltende 6-d-Temp-Norm zeugt davon. Die Frage ist, was technologisch noch möglich ist. Noch immer ist die Politik einseitig auf die Förderung der E-Technologie fixiert; dass synthetische Kraftstoffe in neuen Verbrennermotoren sehr sauber verbrennen, wird ebenfalls negiert. Somit kann vermutet werden, dass die Politik, egal ob in Deutschland oder auf EU-Ebene, die Debatte nicht technologie-offen führen will. Warum auch immer - das ist ein Fehler.