ASB-Skandal: Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft

20.8.2019, 05:56 Uhr
Der Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) Bayern ist ins Zwielicht geraten. Wegen des Verdachts auf Betrug gegenüber Krankenkassen ermittelt nun auch die Staatsanwaltschaft.

© Jens Kalaene, dpa Der Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) Bayern ist ins Zwielicht geraten. Wegen des Verdachts auf Betrug gegenüber Krankenkassen ermittelt nun auch die Staatsanwaltschaft.

Unter anderem wird es sich definitiv bis ins Jahr 2020 hinziehen, bis der endgültige Bericht der vom ASB-Landesverband beauftragten Wirtschaftsprüfungsgesellschaft vorliegt. Bei einer Sitzung des ASB-Landesausschusses am Wochenende mussten sich die Teilnehmer mit einem vorläufigen Bericht begnügen - und auch der wurde nur mündlich vorgetragen. Bis eine schriftliche Version vorliegt, werden wohl noch einige Wochen ins Land gehen.

In dem Bericht wurde bestätigt, dass der Wohlfahrtsverband zwischen 2009 und 2016 ungerechtfertigte Mehrkosten "in einem mittleren einstelligen Millionenbereich" abgerechnet hatte. Wann alles restlos aufgeklärt sein wird, ist zurzeit noch überhaupt nicht absehbar. "Die Staatsanwaltschaft hat uns darauf vorbereitet, dass die Ermittlungen bis zu fünf Jahre dauern können", sagt Landesgeschäftsführer Jarno Lang.

Über Jahre hinweg Abrechnungen manipuliert

Vor fünf Monaten war Lang als Nachfolger des langjährigen Landesgeschäftsführers Thomas Klüpfel eingestellt worden und setzt sich nun nach eigener Darstellung für eine "schonungslose, vollständige und transparente Aufklärung des Sachverhalts und der erhobenen Vorwürfe" ein. Unter anderem wird gegen seinen Vorgänger ermittelt, der im März 2019 in den Ruhestand ging und der unter Verdacht steht, Abrechnungsbetrug im großen Stil begangen zu haben.

Öffentlich sagt Lang jedoch kein direktes Wort dazu, dass der 18 Jahre lang an der Spitze der Landesgeschäftsstelle des Arbeiter-Samariter-Bundes stehende Klüpfel und weitere Mitarbeiter unter Verdacht stehen, über Jahre hinweg Abrechnungen im Rettungsdienst manipuliert und zu hohe Kosten bei den Krankenkassen abgerechnet zu haben. Bis zu fünf Millionen Euro soll der Wohlfahrtsverband zu Unrecht kassiert haben.

Berge von Akten

Mehrere Fachleute der Nürnberger Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft Rödl & Partner wälzen gerade Berge von Akten, Belegen und Abrechnungen, um herauszufinden, wo dieses Geld geblieben ist und welche ASB-Mitarbeiter tatsächlich hinter dem ausgeklügelten System von manipulierten Abrechnungen stecken. Bis deren Schuld nicht eindeutig bewiesen ist, spricht Lang von "Beschuldigten, bei denen alle möglichen arbeitsrechtlichen Konsequenzen gezogen wurden" und gegen die sich der ASB Bayern zivil- und strafrechtliche Reaktionen vorbehalte.
Bis die von den Nürnberger Nachrichten erstmals Anfang April erhobenen und bei der jüngsten Landesausschusssitzung des ASB bestätigten Vorwürfe Gegenstand eines Gerichtsverfahrens werden, wird es aber geraume Zeit dauern. Jarno Lang und Nadine Naujoks, die im Mai zur stellvertretenden Landesgeschäftsführerin berufen wurde, begründen die langen Zeiträume mit der komplexen Materie und den strukturellen und organisatorischen Eigenheiten des Arbeiter-Samariter-Bundes.

So ist der Landesverband ein eingetragener Verein, und die einzelnen Regionalverbände arbeiten eigenständig und oft mit unterschiedlichen Systemen in der Abrechnung und Verwaltung. Für die Arbeit der Wirtschaftsprüfer bedeutet das, dass viele der benötigten Akten erst einmal nach Erlangen, dem Sitz der Landesgeschäftsstelle, transportiert werden müssen, um gesichtet werden zu können.

Schärfere interne Kontrollen

Die Landesgeschäftsführung überprüft deshalb zurzeit auch die Arbeitsabläufe innerhalb des ASB Bayern. Unter anderem sollen schärfere interne Kontrollen solche Manipulationen wie die nun bestätigten Buchungstricks künftig verhindern. "Es gibt dringenden Überarbeitungsbedarf", sagt Jarno Lang, der unmittelbar nach seinem Amtsantritt als neuer Landesgeschäftsführer mit den Vorwürfen gegen seinen Vorgänger und weitere Beschuldigte konfrontiert worden war.
Ihnen habe es erst einmal den Boden unter den Füßen weggezogen, beteuern Lang und seine Stellvertreterin. "Eigentlich wurde ich eingestellt, um den ASB fit für die Zukunft zu machen", sagt der Landesgeschäftsgeführer und wehrt sich gegen den Vorwurf, er habe es beim bisherigen Krisenmanagement an der nötigen Transparenz fehlen lassen.

Jeder Arbeitgeber habe die Verpflichtung, seine ehemaligen und aktuellen Mitarbeiter zu schützen, "solange keine gesicherten Erkenntnisse auf Fehlverhalten zur Verfügung stehen", rechtfertigt sich Lang. Mit dem Zwischenbericht der Wirtschaftsprüfer habe sich der Verdacht auf Fehlverhalten jedoch erhärtet. Man kooperiere selbstverständlich auch mit der Staatsanwaltschaft, die inzwischen wegen des "Anfangsverdachts des Betrugs in einem besonders schwerwiegenden Fall" ein Ermittlungsverfahren eingeleitet hat.

Rückforderungen der Krankenkassen

Unter anderem die AOK Bayern in ihrer Eigenschaft als Arbeitsgemeinschaft der Krankenkassenverbände in Bayern verfolgt diese Ermittlungen mit großem Interesse. Schließlich wird sie die unrechtmäßig vom ASB kassierten Beitragsgelder mit Sicherheit zurückfordern, wenn die juristische Aufarbeitung des Abrechnungsskandals irgendwann einmal abgeschlossen ist.

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