Aufnahmestopp in Pflegeheimen: Ministerium wehrt sich gegen Kritik

5.4.2020, 17:04 Uhr

In Bayerns Behinderteneinrichtungen und Pflegeheimen gilt seit Samstag ein Aufnahmestopp, um die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen. "Für ältere und pflegebedürftige Menschen besteht eine besonders hohe Gefahr, an Covid-19 mit schwerem Verlauf zu erkranken", hatte Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) am Freitag mitgeteilt. Tags darauf weitete die Regierung die Maßnahme auf Behinderteneinrichtungen aus. Ausnahmen sind möglich für Häuser, die neue Bewohner für 14 Tage in Quarantäne unterbringen können. Die Allgemeinverfügung gilt zunächst bis zum 19. April.

"Menschen mit schweren Behinderungen können von schweren Krankheitsverläufen betroffen sein. Es ist wichtig, sie vor Ansteckungen zu schützen", teilte Huml am Samstag gemeinsam mit Sozialministerin Carolina Trautner (CSU) mit. Ausnahmen könnten laut Trautner gemacht werden, wenn beispielsweise die einzige Betreuungsperson des Betroffenen erkrankt und eine andere Form der Betreuung nicht möglich ist.

Verena Bentele fordert mehr Tests in Pflegeheimen

Kritik kam von der Vorsitzenden des Sozialverbandes VdK, Verena Bentele. Der Aufnahmestopp in Pflegeheimen sei "überhaupt nicht richtig", sagte sie am Samstag dem Bayerischen Rundfunk. Sie forderte außerdem deutlich mehr Tests von Bewohnern und Mitarbeitern in Pflegeheimen. Ein Sprecher des Gesundheitsministeriums wies die Kritik zurück. Viele Betroffene, die in Kliniken liegen, könnten nicht in ihr Zuhause zurück, weil sie sich nicht selber versorgen können, sagte Bentele. Viele ambulante Pflegedienste kämen mit der Arbeit nicht nach und viele ausländische Pflegekräfte dürften nicht einreisen.

Als Lösung schlägt die VdK-Vorsitzende vor, die Senioren außerhalb von Pflegeheimen unterzubringen, etwa in leerstehenden Hotels oder Wohnungen. Das sei zwar auch nicht einfach, aber es sollte "in die Anwerbung von Personen, die nicht mehr in der Pflege arbeiten, die aber eine pflegerische Ausbildung haben" investiert werden.


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Auch die Deutsche Stiftung Patientenschutz kritisiert den Aufnahmestopp. Ein solcher sei "ein Brandbeschleuniger in der Krise", hieß es in einer Stellungnahme vom Sonntag. Pflegeheimplätze würden dringend gebraucht, sagte ein Sprecher und forderte ebenfalls mehr Coronatests in Heimen. Er schloss sich Benteles Forderung an, etwa Hotels umzufunktionieren. Die Heime entlasteten mit der Übernahme von Patienten kurzfristig die Krankenhäuser. Jedoch müssten sie gerüstet sein, der Infektionsgefahr zu begegnen. Ein Stopp träfe auch die Familien zu Hause. Pflegende Angehörigen dürften jedoch nicht Opfer des Behördenversagens werden, sagte der Sprecher.

Ministerium verteidigt die Maßnahme

Das Gesundheitsministerium verteidigte die Maßnahmen. Zunehmende Infektionszahlen in Pflegeeinrichtungen, die besondere Gefährdung der dort lebenden Personen und die oft schweren Krankheitsverläufe machten einen besonderen Schutz notwendig, sagte ein Sprecher. "Es gilt, Infektionsketten zu unterbrechen und von Anfang an zu unterbinden."

Zudem könne in Einzelfällen das Vorgehen angepasst werden. "So ist eine Aufnahme möglich, wenn durch die Einrichtung eine Quarantäne sichergestellt werden kann." Kapazitäten ergäben sich auch dadurch, dass Reha-Einrichtungen neuerdings Kurzzeitpflege anbieten und aufgefordert wurden, alle medizinisch nicht erforderlichen Behandlungen abzusagen.


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