Ausstiegshilfe für die Linksextremisten

7.10.2011, 08:00 Uhr
Ausstiegshilfe für die Linksextremisten

© dpa

Bundesjugendministerin Kristina Schröder (CDU) hatte seit Jahren dafür getrommelt. Schon als Beauftragte der Unionsfraktion für Islam, Extremismus und Integration hatte es sie gestört, dass es zwar Aussteigerprogramme von Rechtsextremisten und Islamisten gab, nicht aber für Linke. Man solle linksextreme Gewalt „nicht verharmlosen“, hatte sie wiederholt gewarnt.

Seit gestern jedenfalls ist beim Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) in Köln auch eine Telefonnummer für ausstiegswillige Linksradikale geschaltet. Unter der Hotline-Nummer 0221-792-6600 oder auch per Mail (aussteiger@bfv.bund.de) können sie Hilfe suchen. Auch Familienangehörige und Freunde von Linksextremisten können dort Rat einholen.

„Unsere Sicherheitsbehörden beobachten seit einiger Zeit eine besorgniserregende Entwicklung linksextremistisch motivierter Straf- und Gewalttaten“, erläuterte Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU). „Mit dem Programm des Bundesamtes für Verfassungsschutz gibt es jetzt ein offenes Angebot, aus der Spirale von linksextremistischer Ideologie und Gewalt auszusteigen.“

Zuletzt im Juli hatte Friedrich bei der Vorlage des Verfassungsschutzberichts betont, dass die Zahl linksextremer Gewalttaten in den ersten fünf Monaten 2011 wieder zugenommen habe. Im Jahr 2010 dagegen war die Zahl der Straftaten, bei denen die Ermittler von einem linksextremen Hintergrund ausgehen, noch deutlich auf 3747 gesunken – fast 1000 weniger als 2009 (4734 Taten). Insgesamt schätzen die Sicherheitsbehörden, dass es in Deutschland rund 32200 Linksextremisten gibt, darunter 6800 gewaltbereite. Zum Vergleich: Das Personenpotenzial der gewaltbereiten Rechtsextremisten wurde zuletzt auf rund 9000 Personen geschätzt.

Zugeknöpfte Antworten

Natürlich habe man sich die Erfahrungen aus dem Aussteigerprogramm für Rechtsextremisten zunutze gemacht, wird beim Verfassungsschutz wie im Bundesinnenministerium versichert. Zu Details aber gibt man sich eher zugeknöpft. „Wir hausieren da nicht mit Zahlen“, hieß es in Köln. Und aus dem Ministerium in Berlin war zu hören, dass man mit solchen Zahlenangaben der jeweiligen Szene keine Hinweise geben möchte.

Immerhin, aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage von Linken-Abgeordneten im Herbst 2010 geht hervor, dass seit der Einrichtung des Aussteigerprogramms für Rechte im Jahr 2001 nur 1100 Anrufe bei der Hotline gezählt wurden.

Auch bei dem neuen Angebot für Linksextreme rechnet man im Innenministerium „nicht mit einer großen Zahl von Anrufern“. Dennoch hält man das Angebot für wichtig. Es gebe schließlich nicht nur „150-prozentige Überzeugungstäter“, sondern auch viele Mitläufer. Vor allem diesen will man durch eine ganze Palette von Maßnahmen – von Ausbildungsangeboten bis zur Umzugshilfe – den Ausstieg erleichtern.

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