"Berateritis" der Koalition schädigt Vertrauen in die Politik

23.7.2019, 15:15 Uhr

© Uwe Anspach / dpa

Die Kosten für externe Berater der Bundesregierung kennen seit Jahren nur eine Richtung: nach oben. Etwas mehr als 700 Millionen Euro waren es zwischen 2014 und 2018, im laufenden Jahr allein sind es schon fast 180 Millionen Euro. Mit Sicherheit sogar noch mehr, bei dieser Summe fehlen (ausgerechnet!) die Zahlen des Verteidigungsministeriums - jenes Ressort, das eine handfeste Berateraffäre an der Backe hat. So handfest, dass sich der Bundesrechnungshof und ein Bundestagsausschuss intensiv damit befassen.

Wo soll das enden? Und vor allem: Wie will die Regierung das erklären? Mangelt es den rund 20.000 Mitarbeitern des Bundes so sehr an Expertise, dass nur noch Berater von außerhalb den laufenden Betrieb und den Fortbestand der Republik garantieren können? Oder haben wir doch eher ein Vetternwirtschafts-Problem?

Vertrauensverlust und Entfremdung

Es ist schwer, darauf eine fundierte Antwort zu geben, fest steht aber Folgendes: Zum einen erweckt der Einsatz derart vieler Berater den Eindruck, dass die (gesetzgeberische) Wirklichkeit, in der wir leben, die Politiker so überfordert, dass sie Experten brauchen, die ihnen die Welt erklären - ganz so, wie es den allermeisten Normalbürgern auch ergeht. Wer blickt schon voll durch beim Steuererklärungs-Wirrwarr oder kann jede Verästelung der Pflegeversicherung nachvollziehen? Die Folgen sind Vertrauensverlust sowie eine Entfremdung der Bürger von der Politik. Das kann niemals gut sein in einer Demokratie.

 

 

 

Zum anderen bedeutet das Einkaufen von Sachverstand stets einen Einfluss von außen auf die Tagespolitik. Das führt unter Umständen dazu, dass nicht vom Volk gewählte Lobbyisten über ihre Beratertätigkeit Gesetze und Regelungen in eine Richtung lenken, die ihnen vorteilhaft erscheint - und der Rest der Welt dann damit klarkommen muss. Beispiele dafür gibt es zuhauf.

Sündhaft teure Expertise

Es soll hier nicht in Abrede gestellt werden, dass es Bereiche gibt, in denen es ohne Fachwissen von außen nicht geht. So ist etwa jene Kommission, die den Ausstieg aus der Kohle vorbereiten soll, mit Experten aus verschiedensten Fachrichtungen gespickt. Allein deren breite Streuung macht den zu starken Einfluss einer gewissen Lobby sehr schwer. Überdies entwickelt sich die Forschung in diesem Bereich so rasant, dass die Bundesverwaltung allein damit überfordert wäre.

Aber in anderen Bereichen sollte das dort vorhandene Fachwissen ausreichen, um Gesetze auszuformulieren und deren Auswirkung auf das Land zu prognostizieren und zu beobachten, damit notfalls nachjustiert werden kann. Das ist die ureigenste Aufgabe einer Regierung und der ihr nachgeordneten Stellen. Wenn das nicht ohne sündhaft teure Expertise von außen geht, dann läuft etwas grundlegend falsch.

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