Bundespräsident übt scharfe Kritik an Russland und China

15.2.2020, 11:13 Uhr
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat die Sicherheitskonferenz genutzt, China, Russland und die USA für ihre Politik direkt zu kritisieren.

© Guido Bergmann, dpa Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat die Sicherheitskonferenz genutzt, China, Russland und die USA für ihre Politik direkt zu kritisieren.

Es dauert nur wenige Sekunden, bis Frank-Walter Steinmeier auf das zu sprechen kommt, auf das viele im Publikum warten: Deutschlands außenpolitische Verantwortung. Vor sechs Jahren hatte er auf der Münchner Sicherheitskonferenz eine denkwürdige Rede zu diesem Thema gehalten. "Deutschland ist zu groß, um Außenpolitik nur von der Seitenlinie zu kommentieren", sagte er damals.

Zu Beginn der Sicherheitskonferenz 2020 warten alle darauf, dass Steinmeier Bilanz zieht. Tut er aber nicht. Das Wort Verantwortung kommt zwar 17 Mal in seiner 30-minütigen Rede vor. Der Blick zurück auf die vergangenen sechs Jahre fehlt aber. Steinmeier will nicht beurteilen, was er selbst bis 2017 als Außenminister oder andere nach ihm getan oder nicht getan haben. Er schaut lieber auf die Gegenwart und in die Zukunft.

Steinmeiers Bestandsaufnahme fällt ziemlich düster aus: "Wir werden heute Zeugen einer zunehmend destruktiven Dynamik der Weltpolitik. Vom Ziel einer internationalen Zusammenarbeit zur Schaffung einer friedlicheren Welt entfernen wir uns von Jahr zu Jahr weiter."

Russland wirft der Bundespräsident vor, "militärische Gewalt und die gewaltsame Verschiebung von Grenzen auf dem europäischen Kontinent wieder zum Mittel der Politik" gemacht zu haben. China beschuldigt er, das Völkerrecht zu brechen und nennt das Vorgehen Pekings gegen Minderheiten verstörend. Aber auch den Bündnispartner USA bezichtigt er, die "Idee einer internationalen Gemeinschaft" über Bord geworfen zu haben.

Deutschland soll sich mehr hinterfragen

Die eigentliche Botschaft seiner Rede richtet sich aber an Europa. Da kommt er dann auch wieder auf die deutsche Verantwortung zu sprechen: Deutschland sollte sich "der größten Verantwortung zuwenden, die unserem Land zukommt: das geeinte Europa zusammenzuhalten". Dabei mahnt er ein realistischeres Selbstbild der deutschen Politik an. "Deutschland glaubt oft, hilfsbereit und solidarisch zu handeln, während andere uns vorwerfen, nationale Interessen zu verfolgen". Das gelte zum Beispiel für die deutsch-russische Pipeline Nord Stream 2, die von den meisten anderen Europäern abgelehnt wird.

"Den Verlust von Diplomatie, der Verlust von tragenden Säulen unserer Sicherheitsarchitektur, von Rüstungskontrollverträgen und internationalen Abkommen: Den können wir nicht durch Panzer, Kampfjets und Mittelstreckenraketen kompensieren", sagt Steinmeier. Ohne eine allgemeine Anerkennung des Völkerrechts und eine Sicherheitsstrategie, die alle integriert, "werden wir uns in einigen Jahren – zum Schaden aller – weltweit totrüsten". Klar stellte sich der Bundespräsident hinter das Ziel der Nato, zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für die Verteidigung auszugeben.

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