Übermittlung der Stimmen

Bundestagswahl: Warum das Fax doch keine Option ist

15.9.2021, 19:48 Uhr
Manches am deutschen Wahlsystem wirkt altbacken. Fachleute halten das allerdings für gut.

© Hauke-Christian Dittrich, dpa Manches am deutschen Wahlsystem wirkt altbacken. Fachleute halten das allerdings für gut.

Eigentlich gehören die Teile ins Museum, darin sind sich alle einig. Spätestens seit die Gesundheitsämter sich als Dinosaurier in Sachen technischer Ausstattung erwiesen hatten, steht das Fax für ein Gerät, das aus der Zeit gefallen ist. Landeswahlleiter Thomas Gößl allerdings schwört auf die alte Technik. "Ich muss eine Lanze für das Fax brechen", sagt der Spitzenbeamte.

Und so steht im Wahlzentrum des Landesamtes für Statistik neben zahllosen Computern auch eine Batterie von Faxgeräten. "Sie sind die klassische Rückfalloption, wenn die digitale Übertragung ausfällt", sagt Gößl. Wobei es immer noch örtliche Wahlleiter gibt, die von Haus aus nicht den Computer nutzen. Sondern lieber die Zahlen auf ein Blatt Papier schreiben und dann weiterfaxen.

Rund 18.000 Wahlbezirke müssen ausgezählt werden

Natürlich sind die Systeme redundant aufgestellt, arbeiten der Landeswahlleiter und sein Team mit einem doppelten Sicherheitsnetz. Nichts soll schiefgehen, wenn am 26. September um 18 Uhr die Wahllokale schließen. 9,4 Millionen Menschen in Bayern dürfen ihre Stimme abgeben; 78 Prozent haben das vor vier Jahren getan. Und die meisten haben ihre zwei Kreuzchen korrekt platziert. Am Ende waren nur 69.317 Stimmzettel ungültig.

Seit Monaten laufen die Vorbereitungen im Bayerischen Landesamt für Statistik. Dort spielen sie die Wahlnacht immer wieder am Computer durch, simulieren sie jeden denkbaren Fall. Rund 18.000 Wahlbezirke zählt Bayern diesmal, knapp tausend mehr als vor vier Jahren. Die Zahl der Briefwähler wächst und damit auch die Zahl der Briefwahlbezirke. "In Bayern haben das immer viele Menschen genutzt", sagt Gößl, im Schnitt mehr als 50 Prozent. Diesmal rechnet er mit einem neuen Rekord, der Corona-Pandemie wegen.

Hohe Hürden für Parteien

Seit August steht fest, dass 26 Parteien im Freistaat zur Wahl antreten dürfen. Die formalen Anforderungen seien streng, sagt Gößls Stellvertreter Karsten Köhne. Drei Gruppen haben es nicht geschafft: Die Anarchistische Pogo-Partei Deutschlands (APPD), die Partei für Kinder, Jugendliche und Familien - Lobbyisten für Kinder (LfK) sowie die Sozialistische Gleichheitspartei, Vierte Internationale (SGP) bleiben außen vor, weil sie nicht die notwendigen 500 Unterschriften ihrer Unterstützer auftreiben konnten.

Was ab 18 Uhr in der Wahlnacht läuft, hat sich bei vielen Wahlen bewährt. Wenn in den Bezirken die Stimmen ausgezählt sind und die Wahlleiter alles gegengerechnet haben, melden sie ihre Ergebnisse an ihre Gemeinden. Die geben sie weiter an die Landkreise, die an die 46 Wahlkreisvorstände, die wiederum an den Landeswahlleiter. Von ihm wandern die Zahlen schließlich bis hinauf zum Bundeswahlleiter. Acht Ebenen durchqueren die Daten so, jedes Mal kontrollieren die Verantwortlichen die Zahlen auf ihre Korrektheit. Und darauf, ob sie plausibel sind.

Bundestagswahl: Bis Mitternacht sind Ergebnisse da

Das System kennt Kann-Fehler und Muss-Fehler. Als 2017 etwa die AfD auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise ihren Siegeszug entlang der Donau antrat, reagierten die Systeme mit einer Warnmeldung. "Wir haben dort in jedem Wahlkreis den Kann-Fehler gerissen", erzählt Landeswahlleiter Gößl. Die Ergebnisse entsprachen nicht den vorherigen Wahlen. Doch sie waren nachvollziehbar. Und korrekt.

In der Regel sind auf Landesebene bis Mitternacht alle Ergebnisse durch die Instanzen gelaufen und gecheckt. Dann kann der Landeswahlleiter das vorläufige Ergebnis verkünden. In den Tagen danach reichen die Wahlvorstände ihre Protokolle unterschrieben nach oben durch. Auch sie werden gecheckt und, wenn alles korrekt ist, zwei Wochen nach der Wahl das Endergebnis offiziell verkündet.

Stimmzettel werden bleiben

Dass die Bundesrepublik vergleichbar den USA eines Tages vom Stimmzettel abrückt, glaubt Gößl übrigens nicht. Gößl verweist auf das Bundesverfassungsgericht, das geurteilt hat, die Wähler müssten jederzeit den Weg ihrer Stimme nachvollziehen können. Und er verweist darauf, dass in Bayern die EDV-Ausstattung eine Sache der Kommunen sei. Ein einheitliches System gibt es deshalb nicht. Das aber wäre unabdingbar Voraussetzung für elektronische Wahlen. So wird neben dem Fax auch der Wahlzettel weiter überleben.

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