Bundeswehr kämpft um die Besten

28.6.2011, 08:00 Uhr
Bundeswehr kämpft um die Besten

© dpa

Wäre Thomas de Maizière (CDU) schon vor eineinhalb Jahren Verteidigungsminister gewesen, würden am Donnerstag wohl noch nicht die letzten Wehrpflichtigen die Kasernen verlassen. Der Sohn eines Generalinspekteurs der Bundeswehr, der das Prinzip des „Staatsbürgers in Uniform“ mitentwickelt hat, galt lange Zeit als glühender Anhänger der Wehrpflicht. Auch er musste sich wie viele seiner Parteifreunde erst von seinem Vorgänger Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) überzeugen lassen, dass sie sicherheitspolitisch nicht mehr haltbar ist.

Trotzdem fiel es de Maizière nicht leicht, drei Wochen nach seinem Amtsantritt im Bundestag die Abschiedsrede auf die Wehrpflicht zu halten. Die Aussetzung sei für ihn „kein Freudenakt“, räumte er vor den Abgeordneten freimütig ein. „Es ist eine notwendige, aber mich nicht fröhlich stimmende Entscheidung.“ Ein- bis zu 23-monatiger Freiwilligendienst soll nun die Lücke, die die Wehrpflicht reißt, zumindest teilweise füllen. Bis zu 15000 junge Männer und Frauen wollte Guttenberg dafür gewinnen. De Maizière schraubte dieses Ziel bei der Vorstellung seiner Pläne für die Bundeswehrreform Mitte Mai auf mindestens 5000 herunter. Ein erfolgreicher Start des neuen Freiwilligendienstes war ihm damit sicher. Denn zum Zeitpunkt der Reformverkündung hatten schon 5400 junge Leute bei der Bundeswehr angeheuert.

55000 Bewerber gesucht

Künftig muss aber auch der Nachwuchs an Berufs- und Zeitsoldaten außerhalb der Kasernen rekrutiert werden. Mindestens 15000 junge Leute will die Bundeswehr Jahr für Jahr als Berufs- und Zeitsoldaten gewinnen. Für eine Stelle wünscht sie sich drei Bewerber, bei den freiwillig Wehrdienstleistenden mindestens zwei. Das macht zusammen rund 55000 Bewerber pro Jahr, ein Zwölftel eines Jahrgangs — Männer und Frauen zusammen. Schon geistern Schreckgespenster wie die Unterschichtenarmee, die auch vor der Rekrutierung von Möchtegern-Rambos und Ex-Häftlingen nicht Halt macht, durch die öffentliche Debatte.

Das Verteidigungsministerium will mit einer fast sechs Millionen Euro teuren Werbekampagne und einem Maßnahmenpaket zur Verbesserung der Attraktivität der Bundeswehr gegensteuern. De Maizière will die jungen Leute aber nicht nur mit materiellen Anreizen zur Bundeswehr locken. Ihm schwebt ein „Ehrendienst“ vor, auf den der Soldat und sein Land stolz sein sollen. „Wer ausschließlich wegen des Geldes zur Bundeswehr kommt, ist vielleicht genau der oder die, die wir nicht haben wollen“, sagt er. Ob die Bundeswehr auf dem Arbeitsmarkt im Wettbewerb um die besten Köpfe mit Ehrenappellen bestehen kann, wird allerdings von vielen Experten bezweifelt.

Kein Weg zurück

Und was passiert, wenn alle Rekrutierungsmaßnahmen fehlschlagen und die Freiwilligenarmee die angepeilte Stärke von 175000 Soldaten nicht erreicht? Theoretisch wäre es möglich, die Wehrpflicht dann wieder einzuführen. Da sie im Grundgesetz verankert bleibt, würde eine einfache Mehrheit im Bundestag dafür ausreichen. Ein solcher Schritt ist aber extrem unwahrscheinlich. Kein Land, das die Wehrpflicht abgeschafft hat, hat sie später wieder eingeführt.

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