Comeback! Warum der Dackel in Franken plötzlich wieder hip ist

25.4.2019, 05:59 Uhr
Der Dackel feiert sein Comeback.

© dpa/Christophe Gateau Der Dackel feiert sein Comeback.

Bodo von der Hermannsklause war der Tiefpunkt. Der Kurzhaardackel von Hausmeister Krause aus der gleichnamigen Fernsehserie wurde zum Sinnbild des deutschen Spießbürgertums, während der Kölner Dackelclub KTC 1881 e.V., bei dem die Titelfigur als ebenso kriecherischer wie intriganter Schriftführer mitmischte, eine hoffnungslos überzeichnete Satire auf die Vereinsmeierei war.

Bei den Sitzungen herrschte Uniformpflicht, und die Anklänge an den Nationalsozialismus waren unverkennbar. Etwa wenn Krause und seine mit vielen Verbandsorden behängten Kameraden gemeinsam die ans Horst-Wessel-Lied erinnernde Dackelhymne ("Die Schnauze hoch, die Leine straff gezogen") sangen oder sich zu obskuren Zeremonien wie der Welpenweihe trafen.

Auch wenn der Holzhammer-Humor der 1999 gestarteten Comedy-Serie nicht jedermanns Sache war, setzte sich diese Botschaft dennoch in vielen Köpfen fest: Der Dackel ist aus der Zeit gefallen, höchstens noch als Rentnerhund akzeptiert und irgendwie bäh.

Die Nachfrage nach dem tiefergelegten Vierbeiner rutschte denn auch immer mehr in den Keller. Erblickten in den 1970er Jahren jährlich noch rund 28.000 Welpen in Deutschland das Licht der Welt, sank diese Zahl kontinuierlich bis auf 6300 im Jahr 2011. Die Medien sorgten sich sogar (wenn auch etwas voreilig), dass der Dackel vom Aussterben bedroht sei. Oasis-Sänger Liam Gallagher, einer von zahlreichen prominenten Fans der Rasse, kündigte an, in diesem Fall 900 Hunde zu erwerben.

Auch die Japaner lieben den Dackel

Mittlerweile haben die wegen ihres eigentümlichen Körperbaus im englischsprachigen Raum auch "Sausage Dog" genannten Zamperl ihr Imageproblem jedoch überwunden. Unter anderem sind die Japaner auf den deutschen Dackel gekommen. Jedes Jahr werden etwa 20.000 Welpen im Land der aufgehenden Sonne geboren, und in Bayern ist er wieder auf den zweiten Platz der beliebtesten Hunderassen geklettert.

In Nürnberg zum Beispiel hat das städtische Kassen- und Steueramt in seiner jüngsten Statistik 886 angemeldete Dackel (inklusive Dackel-Mischlinge) aufgeführt. Damit hat die Rasse unter anderem den Golden Retriever, einige Jahre der Modehund schlechthin, wieder hinter sich gelassen.

"Die Nachfrage steigt an", freut sich Sabine Duschner, Zuchtwartin der Sektion Nürnberg des Dachshund-Clubs Nordbayern. Die Wurfzahlen in den nordbayerischen Sektionen stiegen von 267 Welpen in 2015 auf 362 im vergangenen Jahr, und auch in Duschners Tierarztpraxis in Wendelstein sitzen immer mehr Dackelherrchen und -frauchen mit ihren Lieblingen im Wartezimmer. Darunter auch viele junge Menschen. "Das Bild vom Omahund stimmt so nicht mehr", sagt Duschner, deren Familie vier Dackel besitzt.


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Das kann Sabine Rinberger bestätigen: "Ich wohne direkt an der Isar und sehe dort viele Familien und auch einige Hipster mit Dackel spazieren gehen ", erzählt die Leiterin des Valentin-Karlstadt-Musäums, das gerade die Kulturgeschichte des bayerischen Dackels präsentiert. Bis 21. Mai zeigt die Ausstellung "Vorsicht! Dackel" rund 150 Exponate, Karikaturen und Fotos, aber auch verschiedene Varianten von Waldi, dem ersten Maskottchen überhaupt in der Geschichte der Olympischen Spiele.

1972 war der Dackel der Kulthund schlechthin in München. Bei dem Sportereignis in der bayerischen Landeshauptstadt präsentierte sich Deutschland als friedliebende und weltoffene Nation. Als Corporate Design – damals noch ein völlig neuer Begriff – hatte Grafiker Otl Aicher fröhliche Farben wie Orange, Hellblau und Hellgrün verwendet, in denen nicht nur Fahnen, Plakate und Broschüren, sondern eben auch der Olympia-Waldi gestaltet war. Und die bayerischen Dackel, die mit ihren Herrchen zwischen Karlstor und Frauentürmen durch die Besucherscharen trabten, trugen nach dem Vorbild des Maskottchens lustige bunte Tücher um den Bauch mit dem Olympia-Signet drauf.

Manchmal stur und dickköpfig

Schon im 19. Jahrhundert gehörte der kurzbeinige Sympathieträger mit dem treuherzigen Blick zu Bayern wie die Weißwurst und das Oktoberfest. Verantwortlich dafür sind nicht nur seine kompakten Maße, die ihn zum idealen Stadt- und Biergartenhund machen, sondern wohl auch seine Eigenheiten. Der Dackel ist bisweilen stur und dickköpfig, was auch seinem ursprünglichen Einsatzzweck als Jagdhund geschuldet ist.

Gezüchtet wurde die Rasse nämlich speziell für die Baujagd auf den Fuchs und den Dachs. Da der Dackel im dunklen und engen Dachsbau keinen Blickkontakt zum Hundeführer hat, muss er seine eigenen Entscheidungen treffen. Diese Autonomie und das ausgeprägte Selbstbewusstsein der Rasse machen sich unter anderem beim Gassi gehen bemerkbar, wenn der stolze Vierbeiner wieder mal nicht hören will oder Streit mit erheblich größeren Hunden anfängt.

"Hin und wieder können sie ganz schön hinterfotzig sein", räumt Sabine Duschner ein, doch wahrscheinlich mögen die Menschen im Freistaat ihre Dackel gerade aufgrund mancher charakterlichen Parallele besonders gern. Das Wadlbeißerische und manchmal auch Grantelhuberige ist schließlich wesentlicher Bestandteil der bayerischen DNA und zieht sich auch als roter Faden durch die Ausstellung im Valentin-Karlstadt-Musäum.


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Etwa die Erinnerung an eine Demonstration im Jahr 1928, als Tausende von Münchnern gegen die Erhöhung der Hundesteuer und einen Maulkorb-Erlass protestierten. Die Symbolfigur des Widerstands war eine auf einem Wagen durch die Straßen gezogene Nachbildung eines – natürlich – Dackels.

Dackelmuseum in Passau

Nicht nur Sabine Rimberger erhofft sich, dass die neue Liebe zum Dackel nicht nur ein vorübergehender Retro-Trend ist. Auch in Passau hat die Rasse engagierte Fürsprecher. Im April 2018 haben Josef Küblbeck und Oliver Storz dort ein Dackelmuseum eröffnet und mit ihrer Idee wohl einen Nerv getroffen. Mehrere Tausend Besucher, darunter zahlreiche Touristen aus aller Herren Länder, seien bereits gekommen, berichten die Initiatoren, die das einjährige Bestehen mit einem großen Dackelfest feierten.

Der Vorstand des Deutschen Teckelclubs, des Dachverbands der deutschen Dackelvereine, sieht den neuen Hype allerdings etwas kritisch. "Es tut der Rasse nicht gut, wenn auf einmal jeder einen Dackel haben will", sagt Geschäftsführer Jan Schürings, und Jürgen Bujanowski-Weber, Vorsitzender des Bayerischen Dachshundklubs, befürchtet Inzucht und Erbkrankheiten, wenn manche Züchter auf Masse setzen.

Auf der anderen Seite freuen sich die Dackelfreunde, dass die Mitgliederzahlen in ihren Vereinen wieder steigen. Etwa 60 Neuzugänge registrierte Bujanowski-Weber im vergangenen Jahr. "Darunter auch viele jüngere Leute", betont der Landesvorsitzende. Und eine Uniform wie im eingangs erwähnten Kölner Dackelclub muss natürlich niemand tragen.

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