Reale Gefahr

Die Angst der CSU vor den Grünen ist begründet

23.7.2021, 14:38 Uhr
Als CSU-Chef gibt Markus Söder gerne die Richtung vor. Doch die Klausur am Tegernsee soll auch von den eigenen Sorgen ablenken.

© Sven Hoppe, dpa Als CSU-Chef gibt Markus Söder gerne die Richtung vor. Doch die Klausur am Tegernsee soll auch von den eigenen Sorgen ablenken.

In der CSU wächst die Nervosität. Parteichef Markus Söder warnt nicht zum ersten Mal, die Union müsse stärker mobilisieren; ihr Sieg sei bei der Bundestagswahl keineswegs sicher. Söder spricht vom Schlafwagen, mit dem CDU und CSU 16 Jahre lang gut ins Kanzleramt gefahren ist. Was zwar kaum der Rolle von Angela Merkel gerecht wird, aber einiges darüber aussagt, wie der Bayer die aktuellen Anstrengungen seiner Schwesterpartei einschätzt.

Söder richtet den Blick bewusst auf die CDU, weil das von den Problemen ablenkt, die er vor der Haustür vorfindet. Die CSU liegt in den Umfragen bei nur 36 Prozent, nicht einmal sein Kampf um die Kanzlerkandidatur kann Söder im Moment für sich nutzen. Edmund Stoiber hatte nach seiner Niederlage bei der Bundestagswahl in Bayern triumphiert. Söder aber muss weiter bangen.

Harter Kampf

Das liegt auch an der komplizierten Gemengelage. Die FDP, vor allem aber die Freien Wähler wildern im Lager der CSU. Die Truppe um Aiwanger wird nach Lage der Dinge den Sprung in den Bundestag nicht schaffen. Doch sie raubt der CSU im Freistaat wertvolle Stimmen. Zu Söders Ärger kannibalisiert sich das konservative Lager gerade selbst, ohne dass er außer Appellen dem etwas entgegensetzen könnte.

Jenseits dessen wachsen sich die Grünen trotz ihrer Pannenserie zu einer Gefahr für die Union aus. Acht von zehn Deutschen, hat die ARD gerade abgefragt, halten den Regierenden vor, dass sie zu wenig für den Umwelt- und den Klimaschutz tun. Die Unwetterkatastrophen der vergangenen Wochen dürften dieses Stimmungsbild eher noch verstärken. Der Klimawandel ist plötzlich bei den Menschen angekommen, die Fluten haben ihn ins Bewusstsein gespült auch bei jenen, die das bisher auf die leichte Schulter genommen hatten.

Nicht glaubwürdig?

Das zahlt kaum bei der Union ein, die 16 Jahre regiert, aber umweltpolitisch wenig bewegt hat. In Bayern ist die Bilanz nach 70 Jahren CSU noch ungleich schiefer. Söder hat das zwar erkannt; er puscht den Klimaschutz zu seinem wichtigsten Ziel hoch und verspricht Milliarden. Doch das Glaubwürdigkeitsproblem der Union, vor allem aber seiner CSU bei diesem Thema bleibt.


Wie die CSU sich am Tegernsee selbst in Szene setzt


Es ist ein Dilemma, das Söder mit seinem Aktionismus nicht auflösen kann. Zumal sein CSU-Programm nicht darüber hinwegtäuschen kann, dass er zwar vollmundig alles Mögliche verspricht, das wenigste aber am Ende wird einlösen können. In einer wie auch immer aufgestellten Koalition wird die CSU der kleinste Partner bleiben. Und der schwächste.

Vor allem wächst mit jedem Tag die Sorge, dass auch Konservative die Grünen wählen, nicht wegen, sondern trotz Annalena Baerbock. Dass sie die Grünen stark machen wollen in einer dennoch schwarz geführten Koalition, damit sie die Union bei den grünen Themen antreiben können ud aus dem Schlafwagen holen. Es ist ein durchaus realistisches Szenario.

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