Diese Fragen zum Fall Asef N. sind noch offen

14.7.2017, 07:04 Uhr
Und plötzlich eskalierte die Situation: Tumultartige Szenen spielten sich Ende Mai an der Berufsschule am Berliner Platz ab.

© Michael Matejka Und plötzlich eskalierte die Situation: Tumultartige Szenen spielten sich Ende Mai an der Berufsschule am Berliner Platz ab.

Auch wenn dieses Thema inzwischen, das zeigen Reaktionen auch unserer Leser, viele nervt: Wir müssen wieder mal auf den Fall Asef N. zu sprechen kommen.

Also auf jenen Abschiebeversuch, der in einem heftigen Polizeieinsatz endete. Die Bilder dieses Einsatzes sorgten in ganz Deutschland zunächst für Empörung: Lief da eine Polizeiaktion gewaltig aus dem Ruder?

Nein, alles sei ordnungsgemäß abgelaufen, die Lage sei erst dann eskaliert, als sich einschlägig bekannte Linksradikale einmischten und den zuvor friedlichen Protest der Mitschüler des 21-Jährigen mit Gewalt anheizten: So lautet bekanntlich die offizielle Darstellung, die das bayerische Innenministerium und die (ihr untergeordnete) Polizei einen Tag nach dem Abschiebeversuch präsentierten.

Seitdem tobt eine heftige Auseinandersetzung - ein Streit darüber, wer denn die Deutungshoheit über diesen Vorfall hat, wer das, was da vor der Berufsschule geschah, zutreffend schildert. Innenminister Joachim Herrmann ist da qua Amt der oberste Interpret der Wahrheit, als Quasi-Chef der Polizei, für deren Einsatz er die politische Verantwortung trägt.

Herrmanns harte Gangart

Dass Herrmann, der nach dem Plan von Horst Seehofer für die CSU in den Bundestag einziehen und dann Bundesinnenminister werden soll, sich auch durch eine harte Gangart profiliert, das ist schwer bestreitbar. Er ist, gerade im bundesweiten Vergleich, in seinem Amt erfolgreich, wohl nicht zuletzt wegen seiner Härte. Es liegt daher auf der Hand, dass sich Herrmann keine größeren Fehler leisten kann. Ein überzogener, eskalierender Polizeieinsatz wäre so ein Fehler.

Der offizielle Bericht über den Fall Asef N. stellt genau diese Eskalation in Abrede.Aber etliche Augenzeugen widersprechen exakt dieser Darstellung, die der Freistaat, die CSU und die Polizei nun mehrfach wie eine Art amtliche Wahrheit in Szene gesetzt haben. Mehrere Kirchenvertreter, zwei Redaktionsmitglieder der Nürnberger Nachrichten und andere Beobachter beharren darauf, dass sie jene Aufschaukelung des Geschehens durch später dazugestoßene Chaoten so nicht gesehen haben, wohl aber einen überzogenen Polizeieinsatz. Die Landtagsopposition stützt, nach einigen Irritationen bei der SPD, diese Version.

Da steht also bisher und so lange, wie es keine eindeutigeren Belege gibt, Aussage gegen Aussage. Gibt es etwa Polizeivideos, die deren Version belegen, dann sollten sie publik gemacht werden. Endgültig geklärt ist der Fall damit offenbar noch lange nicht, auch wenn die Verteidiger der Aktion sehr überzeugt so tun.

Viele Widersprüche

Zumal es weitere, viele Widersprüche gibt. Auch bei denen, die das Vorgehen der Behörden anprangern: So lupenrein, wie dies seine Unterstützer behaupten, hat sich Asef N. wohl doch nicht zu integrieren versucht. Auf der anderen Seite bleiben Fragen an die Abschiebe-Befürworter: Der Haftbefehl, den sie gegen den Afghanen erwirkten, wurde von zwei Gerichten aufgehoben; das Landgericht Nürnberg zog die Rechtmäßigkeit des gesamten Einsatzes in Zweifel. Auch da gibt es noch keine Klärung.

Der Rechtsstaat muss Asyl gewähren, er muss aber auch, soweit umsetzbar, die abschieben, die dieses Recht nicht erhalten und auch keinen Aufenthaltstitel haben. Das muss Konsens sein. Aber: Bei welchen Fällen die Politik Abschiebungen durchsetzt - und bei welchen nicht, darüber muss man streiten.

Gerade Bayern fällt da durch eine rigide Praxis auf, sehr zum Unmut nicht nur der Kirchen, sondern auch von Unternehmern, die erleben, wie gerade integrierte Beschäftigte aus dem Betrieb gerissen werden, und von Bürgern, die sich um diese Integration mühen. Alles in allem bleibt der Eindruck: Der Fall Asef F. war ein zu gewagtes Exempel für bayerische Härte.

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