Drei Männer, 200 Jahre und 226 Kilometer rund um Roth

13.7.2013, 00:00 Uhr
Drei Männer, 200 Jahre und 226 Kilometer rund um Roth

© Eduard Weigert

Wenn Peter Hücker am Sonntag gegen 10 Uhr aus dem Wasser steigt — nach 3,8 Kilometern Vollgas-Kraulen im Main-Donau-Kanal —, hat er eine recht schöne Trainingseinheit hinter sich. „Es ist das Highlight in meinem Trainingsplan.“

Hücker, 56 Jahre alt, Geschäftsmann aus Igensdorf in der Fränkischen Schweiz, ist mitten in den Vorbereitungen für sein großes sportliches Ziel: Er will den Ärmelkanal durchschwimmen; Ende Juli startet er seinen dann schon dritten Versuch.

Ärmelkanal als Ziel

Doch für Roth hat der Extremsportler noch einen Platz im Kalender gefunden; seit Jahren ist er dabei — meist als Einzelstarter, heuer zum ersten Mal in der Staffel. „Roth ist immer etwas Besonderes“, sagt Hücker. „Doch die Kanalüberquerung bleibt mein Traum.“ Wenn es dieses Mal nicht klappt, wird der 56-Jährige es wieder und wieder versuchen. Er hat Zeit, Hücker ist ja noch jung.

Zumindest im Vergleich zu seinen Team-Kollegen in Roth. Keine Staffel im Feld des Challenge bringt es — zusammengezählt — auf mehr Jahre als die mit der Startnummer 4325. Da ist Hücker das — wie er selber mit einem Schmunzeln sagt — „Küken“. Er wird nach dem Anschlag den Transponder an Theodor Bärnreuther, 77 Jahre alt und aus Röthenbach bei St. Wolfgang, übergeben. Der wiederum nach 180 Kilometern auf dem Rad an Gerhard Müller übergibt, 67 Jahre und aus Möhrendorf, der den Marathon absolviert. Macht exakt 200 Jahre.

Maximal elf Stunden und 30 Minuten, das haben sich die drei vorgenommen, wollen sie gemeinsam für die 226 Kilometer lange Strecke brauchen. Für eine Staffel, die in der Kategorie Ü200 starten könnte, keine schlechte Zeit, sie werden einige jüngere Teams hinter sich lassen. Doch die Überholten müssen sich nicht grämen: Hücker ist versierter Schwimmer mit diversen Teilnahmen an Ironman-Veranstaltungen; Bärnreuther, der Senior, belegte einige Podiumsplätze bei bayerischen und deutschen Triathlon-Meisterschaften, 2007 war er Vizeweltmeister im Triathlon über die olympische Distanz — jeweils in seiner Altersklasse; Müller hat 308 Triathlons absolviert, so viel wie kein anderer in Deutschland. Die drei haben wohl alles, was die Triathlon-Welt zu bieten hat, schon gesehen. Und noch nicht genug. „Dieses Gefühl, wenn man einen Wettkampf geschafft hat, ist unglaublich“, sagt Müller. „Das kann man nicht beschreiben, nur erleben.“

Ihn selber packte es Anfang der 80er Jahre, als zum ersten Mal in Deutschland über den Ironman von Hawaii berichtet wurde. Damals, erinnert er sich, fanden sich schnell selbst ernannte Experten, die diesen Wahnsinn — am Stück 3,8 Kilometer schwimmen, 180 Kilometer radeln und 42 Kilometer laufen — nicht glauben mochten. Eine Zeitungsente, unkten sie. Müller jedoch war fasziniert: „Ich wollte wissen, ob es doch möglich ist.“

Dass es geht, hat Müller mehrfach bewiesen, natürlich auch beim Heim-Triathlon in Roth. Wie Bärnreuther war er in Franken zum ersten Mal in den 80er Jahren am Start — damals noch über eine verkürzte Strecke. Seitdem hat sich viel verändert: Es geht längst über die Ironman-Distanz. Der Wettbewerb ist professioneller, größer und immer beliebter geworden — bei Zuschauern und Athleten.

Käsebrot beim Radeln

Auch die Staffel-Herren gehen mit der Zeit. Da wird kurz vor dem Wettkampf der Körper durchgecheckt (Müller: „Laut meinem Arzt habe ich Werte wie ein 40-Jähriger“) oder in modernes Equipment investiert. Nur bei der Verpflegung setzt der 77-Jährige Bärnreuther auf Althergebrachtes. „Ich bin kein Freund von all diesen Riegeln. Ich schmier mir ein Käsebrot, das ess ich bei einer Abfahrt.“ Zu viel neumodischer Schnickschnack muss nicht sein. Lieber lässt es Bärnreuther ruhig angehen.

Auch am Tag vor dem Challenge braucht der Routinier keine besondere Vorbereitung. Er wird am Samstagabend, nur wenige Stunden vor seinem Start in Roth, die Trompete einpacken, sich mit dem Posaunenchor in der Großreuther Thomaskirche treffen und zur Sommerserenade aufspielen. So wie jedes Jahr.

Nur beim anschließenden Umtrunk, sagt Bärnreuther, werde er sich wohl oder übel ein wenig zurückhalten.

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