Ein Dank zum Abschied: Karikaturist Horst Haitzinger hört auf

28.11.2019, 08:54 Uhr
Er beherrscht die Kunst der Karikatur perfekt: Horst Haitzinger in seinem Arbeitszimmer in München.

© Arno Stoffels Er beherrscht die Kunst der Karikatur perfekt: Horst Haitzinger in seinem Arbeitszimmer in München.

Ach, wir haben ihn oft ein wenig beneidet. Da brüteten wir lange über einem Kommentar. Dann kam seine Karikatur ins Haus. Und wir sahen: Horst Haitzinger bringt das Thema, über das wir uns den Kopf zerbrachen, mal wieder wunderbar auf den Punkt. Mit ganz wenigen oder gar keinen Worten. Nur mit ein paar (scheinbar) leichten Strichen. Meisterhaft.

1963 erschien Haitzingers erste Karikatur in den Nürnberger Nachrichten; unsere Zeitung ist stolz darauf, dass die Karriere dieses so sympathischen Österreichers hier begann. Bald waren seine Karikaturen dann in vielen Blättern zu sehen, teils als Titel von Spiegel oder stern.


Karikaturist Haitzinger im Interview: "Alles ist eine Frage der Dosis"


1963: Da wurde ich geboren – und später als Schüler zum Fan dieses Zeichners, der dann zu einem Teil meines Journalisten-Lebens wurde. Ähnlich wird es vielen von Ihnen gehen, liebe Leserinnen und Leser: Horst Haitzinger gehörte zu dieser, zu Ihrer Zeitung. Viele werfen erst einen Blick auf seine Zeichnung und fangen dann mit dem Lesen an. "Der Haitzinger" ist ja heute wieder super: sicherlich ein klassischer Frühstücks-Satz.

Künftig werden wir diesen Satz nicht mehr hören. Denn Horst Haitzinger, inzwischen 80, tut etwas sehr Vernünftiges und Richtiges, auch wenn das für uns erst mal schmerzlich ist: Er hört mit dem Zeichnen auf. Nicht ganz. Daür steckt denn doch zu viel Freude am Schaffen, zu viel Leidenschaft für seine perfektionierte Kunst in ihm. Aber er wird uns und viele andere Redaktionen nicht mehr beliefern. Erst kamen seine Zeichnungen per Eilpost, später per Fax (für die Jüngeren: eine Telekopie, damals der neueste Schrei, inzwischen fast schon ausgestorben), später dann per Mail. Meistens um die gleiche Zeit, kurz vor oder nach 14 Uhr.

Das doppelte Christkind

Manchmal gab es Wirbel um "den Haitzinger". Weihnachten 1979 vor allem. Da lieferte er eine Karikatur mit zwei Jesuskindern in der Krippe, es nahen die drei Könige, Jesus sagt zu Maria: "Da kommt Besuch! Ich geh‘ mit einem von beiden hintern Stall."

Das löste empörte Reaktionen aus. Und zeigte: Satire wirkt. Und sie darf, davon ist nicht nur Haitzinger überzeugt, eben nicht alles. Sie sollte, auch in einer aufgeklärten Zeit, keine religiösen Gefühle verletzen. Sie muss die Mächtigen kritisieren, deutlich, aber nie derb: Das beherrscht Haitzinger meisterhaft.

Oft war er seiner Zeit voraus. Er dachte schon grün, da gab es die Partei noch nicht. Der Schutz der Natur treibt ihn um. Nun geht, um es mit einer berühmten Karikatur zu sagen, der Lotse oder Meister von Bord. Wir werden ihn vermissen. Und wir haben bisher niemanden gefunden, der ihn adäquat ersetzen kann. Deshalb gibt es nun erst mal keine Karikaturen auf der Seite 2. Lieber keine als deutlich schlechtere Zeichnungen, so unsere Überlegung.

Horst Haitzinger wünschen wir viel Lebensfreude für die Zeit nach seiner Rente mit 80!

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