Erlangen ist Pionier beim Islam-Unterricht

16.2.2011, 17:45 Uhr
Erlangen ist Pionier beim Islam-Unterricht

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2003/2004 war es, bundesweit einmalig, an der Grundschule Brucker Lache so weit. Kurz darauf folgten eine Haupt- und eine Realschule. An der Uni Erlangen entwickelten Wissenschaftler das erste Lehrbuch für diesen Unterricht — es heißt "Saphir" und gilt heute noch als beispielhaft.

Erlangen baut zudem seinen Vorsprung bei der Ausbildung islamischer Religionslehrer aus. Über einen Lehrstuhl für islamische Theologie entscheidet das Forschungsministerium Ende des Monats. Jura-Professor und Islam-Experte Mathias Rohe ist zuversichtlich. Bisher habe es nur das Fach islamische Religionspädagogik gegeben "und viel Improvisation". Das reiche auf Dauer nicht. Ausgebildet wird auch an anderen Universitäten, etwa in Münster, Osnabrück und Frankfurt/Main — aber nicht im gleichen Umfang.

Bayern an der Spitze

Der Erlanger Religionsunterricht war ein Vorbild für bundesweit viele andere Schulen. Bayern liegt dabei mit 256 ganz klar an der Spitze. "Wenn es um Religion geht", auch um islamische, weiß Mathias Rohe, sei die Staatsregierung besonders aufgeschlossen. Das Kultusministerium habe auch den runden Tisch in Erlangen gefördert, sagte Remzi Güneysu unserer Zeitung. Und dazu beigetragen, dass die juristischen Hürden überwunden wurden. Kommissionen ersetzen vorläufig die Religionsgemeinschaft, die laut Grundgesetz als Partner des Staates nötig wäre.

Andere Länder haben andere Modelle für den Übergang, und Niedersachsen wird als erstes Bundesland die Zusammenarbeit mit islamischen Verbänden und die Ausarbeitung von Lehrplänen vertraglich regeln. Die volle Anerkennung als Religionsgemeinschaft ist das noch nicht, aber eine gesicherte Grundlage für den Weg dorthin.

So etwas — und auch den Erlanger Pioniergeist — wünscht sich Bundesinnenminister Thomas de Maizière für alle Bundesländer: Wie immer das Modell aussehe, "Hauptsache, der Religionsunterricht kann stattfinden". Dabei neigt der CDU-Politiker gelegentlich zu Ungeduld. Er verstehe nicht, sagte er in Nürnberg, dass die Einführung des islamischen Religionsunterrichts seit 40 Jahren gefordert wird, die Ministerpräsidenten vor zehn Jahren einstimmig dafür waren, es aber so lange dauert, bis er flächendeckend angeboten wird.

Was freilich auch mit daran liegt, dass es "den" Islam nicht gibt, dafür aber folglich über die Inhalte des Religionsunterrichts sehr verschiedene Ansichten, die sich in den unterschiedlichen Verbänden widerspiegeln. Doch die vier großen, die auch in der Islamkonferenz vertreten sind, gelten als einhellig konservativ, woran sich in der islamischen Gemeinde zunehmend Kritik von unten entzündet.

Jeder nach seiner Fasson

Der Staat hat sich dabei herauszuhalten, betonte de Maizière. Grundsätzlich halte er es mit der Ansicht Friedrichs des Großen, dass jeder nach seiner Fasson selig werden solle, "und wenn Muslime kommen, sollen sie Moscheen bauen“. Dabei verhehlte de Maizière nicht, dass ihm der weltanschauliche Unterricht, der den Glauben und die Religiosität fördert, lieber ist als die Islam-Kunde, die lediglich Fakten vermittelt.

Wie auch immer, der Unterricht kommt gut an, wie Experten aus mehreren Bundesländern auf der Konferenz bestätigten. Erlangens Bürgermeisterin Elisabeth Preuß wusste gegenüber unserer Zeitung auch nur Positives zu berichten. Remzi Güneysu, Pionier der ersten Stunde, weiß, warum: Die Religion müsse heraus aus den Moscheen und sich öffentlich machen. Die Schule sei das beste Forum, um gegenseitiges Verständnis zu wecken, Vorurteile abzubauen und auf spielerische Weise Integration zu fördern. Außerdem gewännen die Kinder Selbstvertrauen und fühlten sich als gleichwertiger Teil der Gesellschaft. Und Lehrer hätten ihm berichtet, dass das die Noten verbessert, "selbst in Mathematik“.

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