"Extinction Rebellion": 135 Klimaaktivisten in London festgenommen

7.10.2019, 19:13 Uhr
Aktivisten der Klimabewegung Extinction Rebellion besetzen die Fahrbahn am Großen Stern um die Siegessäule.

© Carsten Koall/dpa Aktivisten der Klimabewegung Extinction Rebellion besetzen die Fahrbahn am Großen Stern um die Siegessäule.

Zu Beginn der Klimaprotestwoche von Extinction Rebellion sind die Auswirkungen der Straßenblockaden in Berlin überschaubar geblieben. Etwa 3000 Demonstranten nahmen laut Polizei an den beiden Aktionen an der Siegessäule und am Potsdamer Platz teil. In ihrem Aufruf zum gewaltfreien zivilen Ungehorsam gegen die Klimakrise hatte es geheißen: "Wir blockieren Berlin, Paris, New York, Amsterdam, London." Verkehrschaos und große Staus blieben in Berlin aber aus. Trotzdem gab es Kritik vom Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) und aus dem Kanzleramt.

Die Berliner Polizei ließ die Aktivisten zunächst gewähren - obwohl die Demo an der Siegessäule mit etwa tausend Teilnehmern nicht angemeldet war. Durch die Sperrungen hätten Autofahrer auf den Umfahrungen bis zu 20 Minuten länger gebraucht, hieß es aus der Verkehrsinformationszentrale. In der Stadt sind gerade Schulferien, dadurch sind weniger Autos unterwegs als üblich. Am Abend drohte die Polizei damit, den Potsdamer Platz zu räumen. Hier hatten etwa 2000 Aktivisten die Kreuzung besetzt. Unter dem Motto "Unser Wohnzimmer" hatten sie Sofas, Topfpflanzen, Tische und Stühle aufgestellt.

In London und Amsterdam gab es am Montag zahlreiche Festnahmen. Die Aktivisten hatten in der britischen Hauptstadt etliche Straßen und auch mehrere Themse-Brücken blockiert. Es wurden mindestens 135 Menschen festgenommen. Extinction Rebellion (auf Deutsch etwa: Rebellion gegen das Aussterben) kommt ursprünglich aus Großbritannien. Nach eigenen Angaben gibt es die Gruppe seit November vorigen Jahres auch in Deutschland. Sie fordert unter anderem, dass die nationalen Regierungen sofort den Klimanotstand ausrufen.

AfD forderte ein "konsequentes Durchgreifen"

Scheuer nannte die Straßenblockaden "unsäglich". "Sie blockieren frühmorgens Leute, die zu ihrer Arbeit fahren und die dafür sorgen, dass jeden Tag in Deutschland Wohlstand erwirtschaftet wird", sagte Scheuer im niederbayerischen Bad Birnbach. Kritisch äußerte sich auch Kanzleramtschef Helge Braun (CDU). Es sei in Ordnung für mehr Klimaschutz zu demonstrieren. "Aber wenn man gefährliche Angriffe in den Straßenverkehr ankündigt, das geht natürlich gar nicht", sagte er im ZDF-"Morgenmagazin".


"Totalitäre Äußerungen": So reagiert die Politik auf "Extinction Rebellion"


Die AfD forderte ein "konsequentes Durchgreifen" der Polizei gegen die Klima-Aktivisten, die die ganze Woche protestieren wollen. "Zehntausende Autofahrer standen heute Morgen im Stau, weil eine wirre Endzeitsekte sich selbst ermächtigt hat, Verkehrsknotenpunkte in Berlin zu besetzen", erklärte Vize-Parteichef Georg Pazderski. Das sei Nötigung und habe mit Recht auf Versammlungsfreiheit nichts zu tun.

Die Amsterdamer Polizei nahm etwa 50 Demonstranten bei einer Blockade-Aktion in Gewahrsam. Die Demonstranten hatten am frühen Montagmorgen eine wichtige Durchgangsstraße versperrt und Dutzende kleine Zelte aufgestellt. Die Stadt hatte die Protestaktion aber an dieser Stelle verboten.

Proteste auch in Australien und Neuseeland

Auch in Paris blockierten Aktivisten einen Verkehrsknotenpunkt in der Innenstadt. Sie hätten rund um den Place du Châtelet nahe der Seine Strohballen aufgestellt und sich auf die Straße gesetzt, wie die Zeitung "Le Parisien" berichtete. Auch in Australien und Neuseeland demonstrierten Hunderte Aktivisten, Dutzende wurden festgenommen, wie die Polizei mitteilte.

In Berlin erhielten die Aktivisten Unterstützung von Carola Rackete, die als Flüchtlingsretterin bekannt gewordene Kapitänin. "Es ist mehr als Zeit, dass die Regierung die Wahrheit sagt und den ökologischen Notstand ausruft", forderte Rackete bei ihrer umjubelten Rede an der Siegessäule. Sie sei froh, dass sich Extinction Rebellion dazu entschlossen habe, "die ganze Woche hier zu bleiben, um Berlin Tag und Nacht zu blockieren". Luisa Neubauer von Fridays for Future sprach am Potsdamer Platz. "Wir brauchen Menschen, die in Massen, in nie dagewesenen Massen auf die Straßen gehen und anfangen, Teil der Lösung zu werden."

Aktionen sollte es unter anderem auch in Paris, Madrid, New York und Buenos Aires geben. Anders als andere Bewegungen wie Greta Thunbergs Fridays for Future, sind die Aktivisten von Extinction Rebellion nach eigenen Angaben bereit, Gesetze zu brechen, um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen.

Die FDP warnte vor antidemokratischen Zügen der Bewegung. "Über die extremen Forderungen zum Klimaschutz hinaus stellen Aktivisten der Gruppierung offen die Demokratie in Frage", sagte Parteichef Christian Lindner der dpa. "Klimaaktivisten und Grüne sollten sich von den antidemokratischen und teils totalitären Äußerungen aus dieser Gruppierung distanzieren."

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