Flüchtlinge am Arbeitsmarkt: Euphorie ist fehl am Platz

14.12.2018, 11:09 Uhr
Flüchtlinge am Arbeitsmarkt: Euphorie ist fehl am Platz

© dpa/ Kay Nietfeld

Es sind Worte, aus denen Enthusiasmus spricht: "Ich bin selbst überrascht, dass das so schnell geht", sagt Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer den Kollegen der Augsburger Allgemeinen, und ja, Angela Merkel habe Recht behalten: "Wir schaffen das mit der Integration". Schließlich hätten von mehr als einer Million Flüchtlingen, die seit 2015 nach Deutschland gekommen sind, "heute bald 400.000 einen Ausbildungs- oder Arbeitsplatz".

Ob man die Integration von Flüchtlingen auf dem Arbeitsmarkt als Erfolg betrachtet, hängt entscheidend von den eigenen Erwartungen ab. Die Bundesagentur für Arbeit zum Beispiel ist sehr zufrieden, weil sie auf Studien verweist, die auf den Erfahrungen anderer Länder beruhen: Demnach finden in der Regel nach einem Jahr zehn Prozent der Flüchtlinge Arbeit, nach fünf Jahren 50 Prozent. Weil Deutschland hier besser abschneide, sei das als Erfolg zu werten.


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Wer andere Erwartungen anlegt - zum Beispiel die Aussage von Daimler-Chef Dieter Zetsche, die Flüchtlinge könnten ein neues Wirtschaftswunder bringen -, den müssen die Zahlen vom Arbeitsmarkt dagegen ernüchtern.

Laut Statistik der Bundesagentur für Arbeit haben 289.000 Flüchtlinge sozialversicherungspflichtige Arbeit gefunden (Tendenz stark steigend). 177.000 Flüchtlinge sind offiziell arbeitslos (Tendenz leicht sinkend). Letztere Zahl gibt aber nur einen Teil der Realität wieder, denn arbeitssuchend gemeldet - und damit ebenfalls ohne Job - sind 459.000. Hartz IV beziehen insgesamt sogar fast 990.000 Flüchtlinge, allerdings ist nur ein Teil von ihnen arbeitsfähig.

Wer sich diese Zahlen vergegenwärtigt, wird zu dem Schluss kommen: Es gibt weder Anlass für Euphorie noch für Fatalismus: Die Integration von Flüchtlingen auf dem Arbeitsmarkt kommt voran, aber sie trifft auf viele Schwierigkeiten - das ist die nüchterne Realität. Wenngleich diese Realität natürlich keine so schönen Schlagzeilen produziert wie ein: Ja, wir haben es geschafft.  

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