Flüchtlingscamp Moria fast vollständig zerstört

9.9.2020, 11:42 Uhr
Flüchtlinge fliehen vor einem Feuer im Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos. Nach Angaben der Feuerwehr haben die Brände das Lager fast vollständig zerstört. Die Behörden gehen von Brandstiftung aus.

© Panagiotis Balaskas, dpa Flüchtlinge fliehen vor einem Feuer im Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos. Nach Angaben der Feuerwehr haben die Brände das Lager fast vollständig zerstört. Die Behörden gehen von Brandstiftung aus.

Das Flüchtlingscamp von Moria auf der griechischen Insel Lesbos ist bei einem Großbrand fast vollständig zerstört worden. Das sagten zwei Offiziere der Feuerwehr am Mittwoch im staatlichen Fernsehen (ERT).

Das Staatsfernsehen, das mit einer Sondererlaubnis aus dem Lager berichten durfte, zeigte Bilder von verkohlten Container-Wohnungen und verbrannten Zelten rund um das Camp. Der griechische Innenminister sowie die Verantwortlichen des Corona-Krisenstabes wollten sich ein Bild von der Lage vor Ort machen und am Abend bekanntgeben, wie es weitergehen solle, teilte Regierungssprecher Stelios Petsas mit.


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In und um das Lager waren in der Nacht zum Mittwoch zahlreiche Brände ausgebrochen. Die Regierung spricht von Brandstiftung und hat die Sicherheitseinheiten auf der Insel verstärkt.

Seit Jahren heillos überfüllt

Moria ist das größte Flüchtlingslager Griechenlands und Europas. Es ist seit Jahren heillos überfüllt, zuletzt leben dort nach Angaben des griechischen Migrationsministeriums rund 12.600 Migranten - bei einer Kapazität von gerade mal 2800 Plätzen.

Anfang August hatte Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet mit einem Besuch des überfüllten Lagers für Aufsehen gesorgt. Moria stehe für einen "Aufschrei der Verzweifelten", hatte der CDU-Politiker danach gesagt. "Die ganze Europäische Union muss jetzt wach werden", sagte Laschet damals.


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Derweil . "Spätestens jetzt muss Innenminister Horst Seehofer seine Blockadehaltung aufgeben. Die Menschen müssen sofort evakuiert werden", forderte Michael Buschheuer, Gründer von Sea-Eye und Vorstand der Hilfsorganisation Space-Eye.

Auch die Hilfsorganisation medico international forderte eine schnelle Evakuierung des Lagers. Die EU müsse jetzt handeln.

Immer mehr Coronafälle im Lager Moria

"Seit Monaten warnen wir vor einem Corona-Ausbruch im Lager", sagte Raid Al Obeed aus Syrien, der im Lager nach Angaben von medico international mit für die Corona-Prävention verantwortlich war.

"Wir haben es lange Zeit geschafft, das Virus fern zu halten." Seit vergangener Woche treten jedoch immer mehr Fälle von Corona-Infektionen auf, weshalb das Lager unter Quarantäne gestellt worden ist.


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Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius forderte nach dem Ausbruch der Brände die Auflösung des Lagers. "Ich fordere die Bundesregierung und die europäischen Staaten auf, das Lager aufzulösen und die Menschen über die EU zu verteilen, damit sie dann in Europa ihr Asylverfahren durchlaufen können", sagte der SPD-Politiker am Mittwoch.

"Das Feuer im Lager Moria auf Lesbos ist eine Tragödie. Es trifft die Schwächsten." Das überfüllte Lager sei das "Symbol für das Versagen europäischer Flüchtlingspolitik. Sie hat die Menschen vor Ort quasi zu Gefangenen gemacht".


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Pistorius betonte: "Meine Gedanken sind bei den Menschen, die in ohnehin auswegloser Situation mit der nächsten Katastrophe konfrontiert sind." Er forderte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und die Mitgliedstaaten dazu auf, alles zu tun, damit den Menschen geholfen werde.

Auch verlangte er, noch während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft ein System der Flüchtlingsverteilung umzusetzen, das "endlich klare Antworten auf die seit Jahren bekannten Fragen gibt". Dieses System müsse EU-Staaten, die entgegen der humanitären Grundsätze Europas nicht dazu bereit seien, Menschen aufzunehmen, "drastisch" in Haftung nehmen.


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Einem Bericht des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) zufolge waren im vergangenen Jahr 79,5 Millionen Menschen auf der Flucht aus ihrer Heimat. Als drängendste Gründe gelten Kriege, Gewalt, Konflikte oder Angst vor Verfolgung. Das sind fast neun Millionen mehr Flüchtlinge als Ende 2018, aber der Anstieg ist auch darauf zurückzuführen, dass das UNHCR erstmals Venezolaner, die ihr Land verlassen haben, zählt.

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