Impfneid nein, Impfzorn ja

Impfneid nein, Impfzorn ja - Wer Astraezeneca ablehnt, verhält sich unsolidarisch

12.5.2021, 10:58 Uhr
Astrazeneca: Das Vakzin gilt vielen als Impfstoff zweiter Klasse. 

© IMAGO/Frank Sorge Astrazeneca: Das Vakzin gilt vielen als Impfstoff zweiter Klasse. 

Um eines vorweg zu nehmen: Es geht hier nicht um einen Generationenkonflikt, nicht um Impfneid. Im Gegenteil. Gerade in den ersten Monaten der Pandemie haben wir uns als ganzes Land für unsere Solidarität auf die Schultern geklopft. Vor Altenheimen wurde musiziert, Einkaufsgemeinschaften wurden gebildet, Enkeln erklärt, dass wir Oma und Opa, weil wir sie lieb haben und schützen müssen, erstmal nicht mehr sehen.

Dieses "erstmal" dauert bereits 15 Monate. 15 Monate, die für niemanden leicht waren. Einsamkeit, gar einsames Sterben - gerade unter Älteren haben sich Tragödien abgespielt. Viele unverzeihlich, alle nicht mehr gut zu machen. Doch auch wer nicht allein, nicht krank war - das Fehlen von Umarmungen und Unbeschwertheit hat bei uns allen Spuren hinterlassen.

Doch nun gibt es Licht am Ende des Tunnels. Die Impfungen gewinnen an Fahrt, Biergärten öffnen, sogar Urlaubspläne werden geschmiedet. Und schon scheint sie vergessen, die gesamtgesellschaftliche Verantwortung, in der jeder seinen Teil zum Wohl aller beitragen kann.

Viele Arztpraxen, die neben ihrem Normalbetrieb nun auch Corona-Tests, Impfberatung und Impfen schultern, klagen über Diskussionen, sogar Beschimpfungen. Weil besonders manch Älterer darauf besteht, ausschließlich mit Biontech geimpft zu werden.


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Hier allein Egoismus zu unterstellen, greift zu kurz. Ständig wechselten die Empfehlungen der Institute, entsprechend war die Berichterstattung. Was gestern als gewiss galt, ist heute überholt. Kein Wunder also, dass viele das Vertrauen verloren haben und nun den Impfstoff einfordern, den sie als den risikoärmsten erachten.

Massenhaft Absagen

Doch das hat Konsequenzen. Viele Impfzentren spritzen aufgrund massenhafter Absagen nur noch Biontech oder Moderna; selbst an Leute, die auch Astrazeneca dankend angenommen hätten. Weil aufgrund des kurzen Abstands zwischen Erst- und Zweitimpfung nun Hunderttausende ihre zweite Dosis bekommen, droht zudem ein Impfstau.

Jeder, der trotz Empfehlung Astrazeneca verweigert, drosselt also das Impftempo des Landes. Und Eltern, die durch einen Impfschutz einer Verbreitung des Virus durch die Kleinsten vorbeugen könnten, stehen vor der Frage, ob sie zu Resteverwertern werden wollen - und einen Impfstoff nehmen sollen, den die Ständige Impfkommission (Stiko) ausdrücklich nur für Über-60-Jährige empfiehlt.


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Umso wichtiger ist, dass die Politik jetzt Konsequenzen zieht. Geimpft werden sollte zum Termin nur, wer das für ihn von Stiko und Arzt empfohlene Vakzin annimmt. Andernfalls muss er sich hinten anstellen. Astrazeneca abzulehnen ist jedermanns Recht. Seine Bedürfnisse über die der anderen zu stellen, nicht.

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