Erfolgreiche Koalition

In Herzogenaurach leuchtet die "Ampel" bereits rot-gelb-grün

15.10.2021, 19:37 Uhr
Sie blinkt mächtig: In Herzogenaurach stand nach vierwöchigen intensiven Gesprächen eine Ampelkoalition auf lokaler Ebene.

© Peter Kneffel, dpa Sie blinkt mächtig: In Herzogenaurach stand nach vierwöchigen intensiven Gesprächen eine Ampelkoalition auf lokaler Ebene.

Wie lange dauert es, bis man eine Ampelkoalition nach abgeschlossener Sondierung auf die Beine stellt? "Vier Wochen voller ernsthafter Gespräche", beschreibt Herzogenaurachs Bürgermeister German Hacker die Herausforderung. Der Sozialdemokrat hat in seiner dritten Amtsperiode das hinbekommen, worum man in Berlin derzeit ringt.

Er "regiert" die 23.000-Einwohner zählende Stadt vor den Toren Erlangens gemeinsam mit Grünen und Liberalen, und damit in einer "Ampel". Zumindest, wenn man nach der Farbenlehre an der Stadtspitze geht. Hacker wird von dem Grünen-Bürgermeister Georgios Halkias und dem Liberalen Michael Dassler vertreten.

"Eine stabile Mehrheit ist wichtig", sagt SPD-Bürgermeister German Hacker.

"Eine stabile Mehrheit ist wichtig", sagt SPD-Bürgermeister German Hacker. © Hans von Draminski, NN

Tatsächlich sitzt FDP-Solist Dassler aber in einer Ausschussgemeinschaft mit dem Stadtrat von Die Partei, einer Kleinstpartei, die sich gerne mal satirischer Mittel bedient. Und somit lenkt eben auch Die Partei quasi vom Rücksitz aus ein wenig die Geschicke der Stadt mit.

Kein Schaden, wie Rathauschef Hacker findet. "Man braucht eine stabile Mehrheit, das ist wichtig." Nach zwölf Jahren in einer rot-grünen Kooperation sah sich German Hacker (53) nach seiner erfolgreichen Stichwahl im März 2020 nun mit anderen Mehrheiten konfrontiert.

Ein Sitz für die FDP

Im 30-köpfigen Stadtrat eroberte die SPD acht Sitze, die CSU ebenfalls, die Junge Union erhielt zwei Sitze, die Grünen fünf, die Freien Wähler vier und FDP, Die Partei und AfD je einen.

Georgios Halkias von Bündnis 90/Die Grünen ist Zweiter Bürgermeister in Herzogenaurach.

Georgios Halkias von Bündnis 90/Die Grünen ist Zweiter Bürgermeister in Herzogenaurach. © privat

Doch zu einer großen Koalition, wie es das Wahlergebnis nahe legte, fand man sich nicht zusammen. Die Christsozialen seien dazu nicht bereit gewesen, sagt Hacker, und hätten stattdessen versucht, ein Jamaika-Bündnis mit Grünen und FDP zu schmieden. Doch nach vielen Verhandlungsrunden war nach einem Monat die SPD mit einer Ampel-Konstellation erfolgreich.

Mehr Klimaschutz wurde vereinbart

Auf zwei DIN-A-4-Seiten fixierte man die Grundlagen der gemeinsamen Arbeit bis 2026 - und gab sich einen Namen: Die neue "Gestaltungsmehrheit" will die Stadt-Umland-Bahn (StUB) über Erlangen nach Nürnberg weiter vorantreiben, Altstadt und Radverkehr stärken, bezahlbaren Wohnraum schaffen und mehr Engagement im Klimaschutz zeigen, etwa durch energetische Sanierung von Gebäuden. Auch ein Streetworker für die Jugendarbeit wird eingestellt.

Michael Dassler sitzt für die Liberalen im Stadtrat und ist jetzt Dritter Bürgermeister.

Michael Dassler sitzt für die Liberalen im Stadtrat und ist jetzt Dritter Bürgermeister. © FDP Herzogenaurach

Die wichtigste Vertragsgrundlage sei, sagt der Bürgermeister, dass die Koalitionäre dem Haushalt zustimmen werden. Auch, wenn man in Einzelpunkten unterschiedlicher Meinung sei, so halte man sich an diese Vereinbarung, "die Ampel läuft gut", bilanziert Hacker nach eineinhalb Jahren.

Überraschenderweise legen seine Partner sogar noch eins drauf: "Die Ampel funktioniert perfekt", sagt Zweiter Bürgermeister Halkias (56) von den Grünen. Und das, obwohl ausgerechnet seine Partei beim großen Thema Südumfahrung anderer Meinung ist wie die SPD.

Der Ortsteil Niederndorf droht am Durchgangsverkehr von und zur Autobahn zu ersticken und soll deshalb eine Umgehung erhalten, eine "monströse Umfahrung", wie Halkias findet.

Die Grünen hätten sich andere regulierende Maßnahmen gewünscht, um die Niederndorfer zu entlasten, "aber wenn die Straße kommt, dann kommt sie", sagt Apotheker Halkias gelassen. Als gebürtiger Grieche sei er es gewohnt, mit demokratisch gefällten Entscheidungen zu leben.

"Sehr harmonisch und von Respekt geprägt" arbeite man miteinander, sagt Dritter Bürgermeister Michael Dassler (56), wenn man sich "auf Augenhöhe begegnet", dann könne das Modell auch auf Bundesebene funktionieren.

In Herzogenaurach kennt man sich, hat seit Jahren kommunalpolitisch miteinander zu tun gehabt und gehört einer Altersgruppe an. Beste Voraussetzungen also für ein Bündnis.

Es komme immer wieder vor, dass jede Partei eigene Anträge einbringe und zu hören bekomme: "Das ist Quatsch", berichtet Dassler. "Aber man hat eine Grundrichtung, auf die man sich verständigt." Da kann dann auch die FDP, die immer noch mit der StUB hadert, ihren Segen geben.

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