Tag der Pressefreiheit

Keine Verfügungsmasse: Medien müssen vom Staat geschützt werden

3.5.2021, 05:56 Uhr

Wenn Menschen demonstrieren, sind Journalisten nicht weit. Protestveranstaltungen zu begleiten, zählt zu den Routinearbeiten für Redaktionen. Doch dieser Alltag hat sich verändert: Neuerdings müssen die Berichterstatter bangen, ob sie heil von der Demo an ihren Schreibtisch zurückkehren können. Denn die Übergriffe auf Pressevertreter häufen sich.

Ein alarmierender Befund. Deutschland war in der Vergangenheit stets top bewertet, wenn es um Arbeitsbedingungen für Journalistinnen und Journalisten ging. Im jüngsten Ranking von "Reporter ohne Grenzen" ist die Bundesrepublik abgerutscht.

Vor allem die Übergriffe am Rande von Corona-Demos haben dazu beigetragen. Wer nun darauf hofft, dass nach der heißen Phase der Pandemie alles wieder gut werden wird, irrt. Denn nicht nur Querdenker-Sympathisanten haben Reporter angegriffen. Das Unheil nahm schon Jahre vorher als die Pegida-Bewegung sich formiert hat, seinen Lauf. Damals kam das Journalisten-Bashing in Mode.


Bei Corona-Demo: Demonstrierende attackieren Presse


Lügenpresse skandierte der Mob, der durch die Straßen Dresdens zog. Und wer sich an die schrecklichen Bilder aus Chemnitz aus dem Sommer 2018 erinnert, weiß, dass Pressevertreter auch vor Corona schon einen schweren Stand hatten. Spätestens seit dem Aufkommen der Anti-System-Partei AfD hat sich diese Front verhärtet.

Neu ist, dass sich diese ablehnende Haltung immer mehr in die Mitte der Gesellschaft den Weg bahnt. Da gibt es einerseits Langzeitstudien, die seriösem Journalismus eine gestiegene Glaubwürdigkeit attestieren, andererseits eben auch zunehmende Attacken auf Text- und Bildredakteure.

Letzteres hängt auch mit dem zögerlichen Vorgehen der Justiz zusammen. Seit Jahren werden Pressevertreter teils massiv beleidigt. Die Tonfall der Zuschriften, die in den Redaktionen eintrudeln, hat sich verschärft. Auch in unserer Redaktion ist dies zu beobachten.

Staatsanwälte zu zögerlich

Bringen Kolleginnen und Kollegen solche verbalen Angriffe zur Anzeige, erfolgt Monate später meist folgende Nachricht der zuständigen Staatsanwaltschaft: Mangels öffentlichen Interesses werde dieser Fall nicht weiterverfolgt. Dabei es wäre natürlich im Interesse der Öffentlichkeit, Beleidigungen von Medienvertretern zu verfolgen. Schließlich sind solche Attacken auf die IV. Gewalt systemgefährdend.


Tag der Pressefreiheit: Guter Journalismus ist nicht selbstverständlich


Wie Richter die Abwägung zwischen Meinungsfreiheit und Beleidigung beurteilen würden, steht auf einem anderen Blatt. Dass es nur in den seltensten Fällen vor Gericht geht, das ist skandalös. Staatsanwaltschaften stehen unter dem Einfluss der Politik, eine Änderung dieser Praxis wäre also ohne Weiteres möglich. Der Pressefreiheit im Lande würde es guttun. Denn der Schritt von der Beleidigung zum tätlichen Angriff ist häufig ein kleiner. Wehret den Anfängen, lautet deshalb der Appell zum heutigen Tag der Pressefreiheit.

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