Klatsche aus Karlsruhe: Mehr Transparenz von EZB gefordert

5.5.2020, 14:44 Uhr
Die Europäische Zentralbank soll für mehr Transparenz in der EU sorgen, fordert das Bundesverfassungsgericht.

© picture alliance / dpa Die Europäische Zentralbank soll für mehr Transparenz in der EU sorgen, fordert das Bundesverfassungsgericht.

Starker Tobak, was das Bundesverfassungsgericht da mitten in der größten Krise nach dem Zweiten Weltkrieg verkündet: Die obersten deutschen Juristen stellen sich gegen ein Urteil der obersten Juristen der Europäischen Union und beanstanden die milliardenschweren Käufe von Staatsanleihen durch die Europäische Zentralbank (EZB). Damit habe die EZB ihre Kompetenzen überschritten, konstatieren die Karlsruher Richter. Und dieser Mandatsüberreizung dürfe Deutschland und ganz besonders die Bundesbank als Teil des Eurosystems nicht länger tatenlos zusehen.


Bundesverfassungsgericht: Ausgangsbeschränkung verhältnismäßig


Das ist eine gewaltige Klatsche, nicht nur für die EZB und den Europäischen Gerichtshof, dem die Verfassungsrichter „das völlige Ausblenden“ wichtiger Aspekte bei der Bewertung der kritisierten Kaufprogramme attestieren. Es ist eine Klatsche auch für die Bundesregierung, die das Vorgehen der Notenbank nicht ausreichend - so die Richter - geprüft habe.

Was das Urteil - trotz seiner Deutlichkeit - aber nicht ist: ein Spruch verantwortungsloser Hasardeure, denen völlig egal ist, was sie mit ihrem Handeln auslösen. Die Spitzenjuristen in Karlsruhe wissen natürlich sehr genau: Das letzte, was Europa in dieser alles zerrüttenden Coronazeit braucht, sind destruktive Querschüsse aus einzelnen Mitgliedstaaten. Was Europa aber sehr wohl braucht, sind eindeutige Regeln, wie Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle zurecht feststellt.


Aufkauf von Staatsanleihen durch EZB teilweise verfassungswidrig


Und genau hier kann das Bundesverfassungsgericht mit seinem aktuellen Urteil für Klarheit sorgen. Denn die Ansage ist prägnant: Die Bundesbank darf sich nur noch drei Monate lang an dem sogenannten PSPP-Programm (Public Sector Purchase Programme) der Europäischen Notenbank beteiligen, das die EZB 2015 initiiert hatte, um ihrem Ziel - einer Inflationsrate knapp unter zwei Prozent - näher zu kommen. Und in dieser Zeit müssen Regierung und Bundestag darauf hinwirken, dass die EZB die Anleihenkäufe nachträglich auf ihre Verhältnismäßigkeit überprüft, so der Auftrag.

Das ist gut so. Denn bei dieser Gelegenheit kann die Notenbank darlegen, warum die milliardenschweren Käufe tatsächlich notwendig waren. Das hat sie viel zu selten erklärt. Nicht zuletzt mit der Folge, dass sich die Meinung hartnäckig hält, die wirtschaftlich starken Staaten im Norden der EU würden die Schuldenmacher im Süden subventionieren. Doch diese einseitige Sicht verkennt völlig, dass gerade Deutschland als Exportnation in besonderem Maße davon abhängig ist, seine Waren im Ausland zu verkaufen. Das geht nur, wenn der Euroraum stabil ist. Wenn also das Urteil des Verfassungsgerichts für mehr Transparenz sorgt, dann ist das perfekt.

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