Kommentar: Ausweg aus Coronakrise? Suche nach der Normalität 2.0

5.5.2020, 06:00 Uhr
Leere Tische in der Gastronomie: Durch die Coronakrise hat sich unser Alltag stark verändert. So langsam öffnen die Läden aber wieder - und damit geht gleich die nächste Diskussion um die Lockerung der aktuell geltenden Beschränkungen los.

© Michael Matejka Leere Tische in der Gastronomie: Durch die Coronakrise hat sich unser Alltag stark verändert. So langsam öffnen die Läden aber wieder - und damit geht gleich die nächste Diskussion um die Lockerung der aktuell geltenden Beschränkungen los.

Erinnern Sie sich noch an die entschlossenen Gesichter, allen voran an Bayerns Ministerpräsident Markus Söder? Die Lage ist ernst und wir müssen Ihnen, verehrte Bevölkerung, nun ein Grundrecht nach dem anderen wegschalten. So argumentierten sie parteiübergreifend. Gar nicht solange her, gerade mal sieben Wochen sind seit Beginn der Coronakrise vergangenen. Damals, ganz im Zeichen der Coronapartys in Ischgl und der schrecklichen Bilder aus Bergamo bedurfte es keiner ausschweifenden Erklärungen.


Friseure öffnen wieder: Zwischen Euphorie und blanken Nerven


Nun, da es wieder zurück gehen soll in eine wie auch immer geartete Normalität 2.0, zeigt sich, wie einfach es doch gewesen war, das Bremspedal zu drücken. Zumal alle Politiker-Füße denselben Reflex hatten — möglichst rasch auf die Bremse zu drücken. Die öffentliche und die veröffentlichte Meinung folgten bedingungslos. Jetzt Gas zu geben, sprich: sich für Lockerungen auszusprechen, erweist sich als die ungleich komplexere Aufgabe.

 

 

Zumal die Einheitsfront längst gebröckelt ist: Da rast der Ministerpräsident Niedersachsens, Stephan Weil, mit seinem Fünf-Stufen-Plan bereits auf der Überholspur, da sitzen die Länderchefs von Sachsen und Sachsen-Anhalt angeschnallt und startbereit in ihren PS-starken Fahrzeugen. Das ist die eine Seite der Medaille.

Es gibt auch eine andere: Die steht, angeführt von CSU-Chef Söder und Kanzlerin Angela Merkel weiterhin auf der Bremse. Die beiden wollen es möglichst langsam angehen lassen.

Söder mag das Damoklesschwert 2. Welle noch so fest im Blick haben und sich noch so unglücklich über das Vorpreschen seiner Kollegen zeigen, allzu lange wird er dem wachsenden Druck nicht standhalten können. Auch in Bayern wollen viele Menschen raus. Für die einen übt der erste Biergartenbesuch der Saison eine ungeahnte Anziehungskraft aus, für die anderen die vage Perspektive auf den Pfingsturlaub. Und die Dritten wollen einfach mit ihren Kindern auf den Spielplatz.

Oder auf den Golfplatz. Man mag es als Randnotiz abtun, aber dass ein Platzbetreiber in Oberbayern flugs (natürlich ohne Genehmigung) seine Anlage geöffnet hat und binnen kurzer Zeit über 100 Golfer auf dem Areal ihrem Hobby nachgingen, passt zur Gefühlslage eines Teils der Bevölkerung. Es reicht vielen.

Raus aus dem Tal

Auf der anderen Seite stehen die Mahner. Sie verweisen auf das Erreichte und den weiterhin nötigen Schutz, insbesondere um Erkrankungen von Risikopatienten möglichst zu vermeiden.

Beiden Gruppen werden es die Politiker auf Dauer nicht recht machen können. Genau das ist die Herausforderung. Die Vorsichtigen mitnehmen auf die Reise hinaus aus dem Coronatal, die Wagemutigen vor Grenzüberschreitungen bewahren — kein einfacher Spagat. Und keiner, um den man die Politiker beneiden müsste. Ein entschlossener Gesichtsausdruck genügt nicht mehr.


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