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Kommentar: Bisher wird im Wahlkampf zu viel geholzt

8.6.2021, 22:22 Uhr
Musste ihren Lebenslauf mehrfach korrigieren: Annalena Baerbock.

© Kay Nietfeld, dpa Musste ihren Lebenslauf mehrfach korrigieren: Annalena Baerbock.

„Das war Mist“, sagt Annalena Baerbock nun zu einer ganzen Reihe von Korrekturen in ihrem Lebenslauf. Da hat sie recht. Was die Grüne und die Grünen sich da leisteten, das ist unprofessionell und in der Form nicht kanzleramts-tauglich.

Es ist auch nicht unziemlich oder frauenfeindlich, Fragen zu Baerbocks Lebenslauf zu stellen. Wer das wichtigste Amt im Land anstrebt, muss da sauber, korrekt und professionell agieren: Das zu prüfen ist normal und richtig, denn es braucht Klarheit und Wahrheit – auch und gerade in einem Wahlkampf.

Populistische Abkehr von den eigenen Beschlüssen

Bisher wird gewaltig geholzt. Und wider besseres Wissen argumentiert. Das war am augenfälligsten, als Union und SPD die Grünen in Sachen Spritpreis attackierten: Die große Koalition hatte nämlich genau jene stufenweise Anhebung auf den Weg gebracht, die Baerbock thematisierte. Plötzlich aber gingen CDU, CSU und am stärksten die Sozialdemokraten dazu auf Distanz – also zu ihren eigenen Beschlüssen.

Das war feige und populistisch: Das Reizthema Benzinpreis ist allemal für billigen Beifall gut. Und die Grünen tappten denn auch mit ungeschickten Äußerungen fast wieder in die gleiche Falle wie beim Wahlkampf 1998, als sie für einen Spritpreis von fünf Mark pro Liter plädierten – und bei der Wahl absackten.

In Übereinstimmung mit der Lufthansa

Gern drehen politische Gegner Aussagen auch derart hin, dass sie so nicht mehr stimmen: Die Grünen haben eben kein Verbot von Kurzstreckenflügen gefordert, wie dies andere behaupteten, sondern sie wollen diese Flüge durch günstige Bahn-Angebote überflüssig machen – ein Ziel, mit dem sie sich übrigens in Übereinstimmung mit niemand anderem als der Lufthansa finden.

Schlicht schäbig sind andere Versuche, am Image der grünen Kanzlerkandidatin zu kratzen. Hans-Georg Maaßen, CDU-Bundestagskandidat in Südthüringen, hat allen Ernstes über Baerbocks Initialen getwittert: „Annalena Charlotte Alma Baerbock = ACAB = All Cops Are Bastards. Zufall oder Chiffre?“

Unter jeder Gürtellinie

Der Ex-Verfassungsschutz-Chef agiert da unter jeder Gürtellinie, wenn er der Grünen auf diese Weise Polizistenfeindlichkeit unterstellen will. Ähnliche, noch derbere Attacken gegen Baerbock finden sich massenweise im Netz – oft gepostet von Anhängern der Union.

Selbstzerstörerische Züge

Das ist kein Stil für einen Kampf um bessere Argumente. Auch der Masken-Streit zwischen CDU und SPD weist selbstzerstörerische Züge auf. Sollte die SPD tatsächlich versuchen, Spahn wider besseres Wissen vorzuführen, wäre auch dies ein schäbiger und untauglicher, nur durch Verzweiflung zu erklärender Versuch der Profilierung.

Die Parteien wissen: Die Wähler durchschauen auch mit Hilfe kritischer Medien solche Tricksereien, sie mögen sie nicht. Trotzdem dürften wir noch etliches davon erleben in diesem Wahlkampf, bei dem die Betonung bisher eindeutig auf Kampf liegt.

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