Kommentar: Der Spitzensteuersatz muss steigen

20.1.2020, 11:50 Uhr

Stimmt schon: 5000 oder 7000 Euro im Monat sind ein sehr ordentliches Gehalt, von dem sich sicher überdurchschnittlich gut leben lässt. Ein Spitzenverdienst aber sieht ganz anders aus, da muss man sich nur viele Manager oder Fußballer anschauen. Sie verdienen locker im sechsstelligen Bereich - ebenfalls im Monat.

Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch hat deshalb vollkommen recht mit seiner Forderung, gut verdienende Fachkräfte zu entlasten. Es kann nicht sein, dass der Spitzensteuersatz von 42 Prozent bereits beim eineinhalbfachen eines Durchschnittsgehaltes anfangen kann. Kein Wunder übrigens, dass hier die Linke ganz ungewohnte Unterstützung von den Freien Demokraten erhält, deren Vorsitzender Christian Lindner jedwede Zahlung an den Staat prinzipiell suspekt ist.

Damit endet die ungewohnte Allianz auch schon. Denn Lindner möchte zur Steuersenkung den Einnahmeüberschuss von 13,5 Milliarden Euro im vergangenen Jahr benutzen. Klingt vernünftig, ist es aber nicht: Denn dieses Plus im Haushalt wurde unter anderem auf Kosten der Infrastruktur erzielt. Straßen, Schienen, Schulen oder Universitäten wurden nicht ausreichend erhalten, geschweige denn ausgebaut. Vieles davon ist in einem beklagenswerten Zustand und braucht dringend Investitionen. Genau diese Infrastruktur ist es ja, die eine führende Industrienation für den wirtschaftlichen Erfolg braucht. Und dann kommt noch die Mega-Aufgabe Klimaschutz dazu, die gewiss nicht zum Nulltarif zu haben ist - nur zum Beispiel. Und sollte dann wider Erwarten immer noch Geld übrig sein, können auch Schulden abbezahlt werden.

Deshalb hat der Linke Dietmar Bartsch recht, wenn er den Spitzensteuersatz für wirkliche Großverdiener anheben will. Er selbst bringt 60 Prozent ins Spiel. Ob es wirklich so hoch sein muss - darüber lässt sich noch debattieren. Es sollte jedenfalls so viel sein, dass die Einnahmeverluste beim gehobenen Mittelstand wieder ausgeglichen werden.

Sicher ist jedenfalls: Eine solche Änderung im Steuersystem entlastet Millionen Menschen im Land. Und wer wirklich 100000 Euro im Monat verdient, kann sich auch dann noch täglich ein warmes Essen leisten, wenn er ein paar Prozentpunkte mehr abgeben muss.

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