Ende der Sondierungen

Kommentar: Die Ampel steht auf Grün

15.10.2021, 16:34 Uhr
Sie sind sich ziemlich einig, was die Bildung einer Ampel-Koalition angeht: Die Grünen-Chefs Robert Habeck (v.li.) und Annalena Baerbock, SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz, FDP-Chef Christian Lindner und SPD-Vorsitzender Norbert Walter-Borjans.

© Chris Emil Janssen via www.imago-images.de, imago images/Chris Emil Janßen Sie sind sich ziemlich einig, was die Bildung einer Ampel-Koalition angeht: Die Grünen-Chefs Robert Habeck (v.li.) und Annalena Baerbock, SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz, FDP-Chef Christian Lindner und SPD-Vorsitzender Norbert Walter-Borjans.

Das Ergebnispapier der Sondierungen zwischen SPD, Grünen und FDP bestätigt den Eindruck, den die Chefverhandler bisher vermittelt haben. Sie wollen miteinander regieren, nicht um jeden Preis, vielmehr in dem Bewusstsein, dass sich jede Partei in für sie wesentlichen Punkten wiederfinden muss.

Die Seele der Grünen wird gestreichelt, in dem der Kampf gegen den menschengemachten Klimawandel in einer "sozial-ökologischen Marktwirtschaft" mit an vorderster Stelle seht. Alle Hemmnisse, die den Ausbau der Erneuerbaren Energien bremsen, sollen aus dem Weg geräumt werden, heißt es darin - das wird ohne Eingrifft in das Planungs- und Genehmigungsrecht nicht gehen. Bei gewerblichen Neubauten sollen geeignete Dachflächen verpflichtend für Solarenergie genutzt werden, bei privaten soll das "die Regel" werden. Und: Tatsächlich sollen zwei Prozent der Landesflächen für die Windkraft ausgewiesen werden. Klingt harmlos, wird aber das Landschaftsbild stark beeinflussen. Konfliktfrei wird auch das nicht funktionieren.

Interessant sind die Vorhaben, was den Verkehr angeht. "Außerhalb des bestehenden Systems der Flottengrenzwerte", heißt es in dem Papier, sollen vor 2035 nur mit E-Treibstoffen betankbare Fahrzeuge neu zugelassen werden. Bedeutet: Der Verbrennungsmotor hat doch noch eine Zukunft, zumindest als Brückentechnologie. Und: Ein generelles Tempolimit wird es nicht geben. Punktsieg für die FDP.

Dass der gesetzliche Mindestlohn im ersten Jahr der neuen Koalition auf zwölf Euro angehoben werden soll, steht auf der Haben-Seite von SPD und Grünen. Das wird die Lohnkosten nicht weniger Unternehmen ziemlich belasten - und bei diesen die Frage aufwerfen, welches Geschäftsmodell sich so nicht mehr rechnet. Statt HartzIV soll es ein "Bürgergeld" geben - wie hoch dieses ausfallen wird, wird nicht genannt; allerdings sollen die Zuverdienstmöglichkeiten verbessert werden. Ob das hilft, arbeitslose Menschen wieder in den regulären Arbeitsmarkt zu bringen, wird man sehen.

Eine echte Neuerung ist, dass das System der gesetzlichen Rente um eine teilweise Kapitaldeckung erweitert und ein staatlich verantworteter Fonds die private Altersvorsorge ergänzen soll. Reicht das, um das Rentenniveau bei 48 Prozent zu belassen und das gesetzliche Renteneintrittsalter nicht zu erhöhen, wie es in dem Papier heißt?

Dass keine neuen Substanzsteuern - eine Vermögensteuer etwa - eingeführt und andere Steuern nicht erhöht werden, kann sich die FDP auf die Fahnen schreiben. Im Umkehrschluss werden die Steuern für Geringverdiener nicht gesenkt. Auch die grundgesetzlich geschützte Schuldenbremse bleibt erhalten.

Wenig überraschend ist ein deutliches Bekenntnis zur Europäischen Union (EU) - spannend wird allerdings, wie die künftigen Koalitionäre "deutsche Interessen im Lichte der europäischen Interessen definieren" wollen.
Veränderungen beim Staatsangehörigkeits- und Familienrecht und bei der Fachkräfteeinwanderung folgen einer gemeinsamen Schnittmenge der drei Parteien.
Es ist sehr wahrscheinlich, dass sich SPD, Grüne und FDP auf einen Koalitionsvertrag einigen. Die Union kann sich auf Opposition einstellen.

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