Nicht schützenswert?

Kommentar: Kinderrechte müssen ins Grundgesetz

9.6.2021, 17:48 Uhr
Im Grundgesetz stehen die wichtigsten Gesetze für Deutschland. Spezielle Rechte für Kinder sind bisher nicht dabei.

© Chepko Danil Chepk, colourbox.de, NN Im Grundgesetz stehen die wichtigsten Gesetze für Deutschland. Spezielle Rechte für Kinder sind bisher nicht dabei.

Eine Überraschung ist das sicherlich nicht: Kinderrechte werden im Grundgesetz weiterhin unerwähnt bleiben. Nachdem nun eineinhalb Jahre lang für jedermann sichtbar wurde, wie wenig die Sorgen und Nöte des Nachwuchses unsere Regierungsverantwortlichen interessieren, wirkt diese Nicht-Berücksichtigung wie die konsequente Fortsetzung der Coronapolitik.


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Deren Fokus war unverkennbar an den Bedürfnissen der älteren Generation orientiert. Dem Schutz des Lebens waren alles andere untergeordnet. Dass die meisten Schulen über Monate hinweg geschlossen blieben, die Familien sich selbst überlassen wurden und der Bewegungsdrang von Jugendlichen schlicht ignoriert worden ist - geschenkt.

Das musste so sein, lautete die lapidare Antwort der verantwortlichen Politiker. Je nach Stimmungslage noch ergänzt von einem Die-sollen-sich-mal-nicht so haben... Die Folgen werden von Tag zu Tag sichtbarer: Apathische Kinder im Unterricht, gescheiterte Schulbiografien, übergewichtige Jugendliche, die auf ein verlorenes Jahr zurückblicken und, und und.

Schutzfaktor nicht erhöht

Scheinbar nahtlos fügt sich der gescheiterte Versuch, Kinderrechte ins Grundgesetz zu schreiben. Dabei hat das eine mit dem anderen gar nichts zu tun. Schon vor Beginn der Pandemie hatten Union und SPD die Idee aufgegriffen, den Kinderrechten einen angemessen Platz in unserer Verfassung anzubieten. Dieses Vorhaben steht im 2017 geschlossenen Koalitionsvertrag.

Um nicht falsch verstanden zu werden: Kinder waren und sind nicht rechtlos, doch ein Einzug ins Grundgesetz hätte den Schutzfaktor eben nochmal erhöht. Genau darum ging es ursprünglich auch den Koalitionären. Denn was im Grundgesetzt steht, muss eben immer berücksichtigt werden, das fängt bei der Frage, ob es lieber ein Gewerbebetrieb oder ein Spielplatz sein soll, der in einer Kommune angesiedelt werden soll.

Kinderrechte im Grundgesetzt hätten also im Alltag weit mehr als symbolische Bedeutung erlangt. Doof nur, dass sie die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit für eine Verfassungsänderung offenbar außer Acht gelassen haben. Denn am Ende konnte kein überzeugender Entwurf präsentiert werden, den Grüne und FDP unterstützen hätten können.

Altes Denken prägt die Union

Das zeugt nicht nur von handwerklichem Unvermögen bei der Formulierung von konsensfähigen Gesetzestexten, sondern ist ein peinlicher Vorgang. Letzten Endes waren es ideologische Fragen, die einer Einigung im Weg standen. Vor allem die Union war nicht zu Zugeständnissen bereit, die unter Umständen Elternrechte beschnitten hätten.

Was für eine antiquierte Denke! Als ob Kinder und Jugendliche keine eigenständigen Menschen wären, sondern stattdessen unter den Launen ihres Vaters oder ihrer Mutter ausgesetzt werden könnten. Letzteres ist viel zu oft der Fall, häusliche Gewalt leider keine Seltenheit. Es bleibt nun der nächsten Regierung vorbehalten, einen unter demokratischen Parteien vertretbaren Entwurf vorzulegen. Denn Kinderrechte müssen endlich ins Grundgesetz.

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