Kommentar: Merz hat Recht mit Medienkritik - aber ist das gut so?

18.2.2020, 11:44 Uhr
Stets im Blickfeld der Medien: Friedrich Merz, hier bei einem Auftritt in Berlin.

© Kay Nietfeld, dpa Stets im Blickfeld der Medien: Friedrich Merz, hier bei einem Auftritt in Berlin.

Er hat zugespitzt - wie dies wir Medien in der Regel auch tun, weil wir verknappen müssen. Aber er trifft einen wahren Kern: Das Internet hat die klassischen Rollen verändert. Einst waren Radio- oder Fernsehsender und Zeitungen die einzigen, die Nachrichten verbreiteten und einordneten. Sie hatten die Rolle des "Gatekeepers": Sie entschieden, was veröffentlicht wird und was nicht.

Diese Rolle ging mit dem Aufstieg der sozialen Netzwerke verloren: Mit Twitter, Facebook und Co. ist im Prinzip jede(r) sein eigenes Medium geworden, mit Posts und Tweets lässt sich Meinung machen.

Parteien, Organisationen und Verbände nutzen daher das Internet, um ihr Publikum ganz direkt zu erreichen - ohne den Umweg über Medien, die das einordnen, bewerten und oft auch kritisch sehen, was da unters Volk gebracht werden soll. Überall entstehen Newsrooms, wie sie einst nur TV-Sender hatten - besonders eifrig ist da übrigens die AfD. Sie versucht nicht ohne Erfolg, ihre Standpunkte zu verbreiten. Ihre Online-Reichweite ist deutlich höher als die anderer Parteien.

Und bei der AfD stimmt der Satz von Merz mit Sicherheit: "Wir brauchen die nicht mehr". Hinzuzufügen ist: Die AfD will "die" auch gar nicht. Sie sortiert des öfteren aus, welche Medien über Treffen berichten dürfen und welche nicht. Die Presse- und Meinungsfreiheit ist ihr ein Dorn im Auge.


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Unbestreitbar ist aber: Immer mehr Menschen holen sich ihre Infos aus dem Netz - auf allen möglichen Kanälen, oft direkt an der Quelle, also auch bei Parteien. Dass die dort ihre ganz eigenen Standpunkte verkünden und so natürlich auch Meinung machen - das übersehen viele User oft. Ungefiltert sind die Nachrichten auf solchen Kanälen eben auch nicht - teils sind sie sogar deutlich subjektiver als die Einordnungen, die Journalisten beim Abwägen und Bewerten von Informationen liefern.

Friedrich Merz hat also nicht Unrecht mit seinem Satz über die Folgen der Digitalisierung. Die Frage ist nur, ob es gut ist, wenn Organisationen zusehends auf klassische Medien glauben verzichten zu können. Die berühmte Filterblase (jeder klickt nur das, was ihm ins Weltbild passt und seine Meinung bestätigt) wächst so jedenfalls. Der Diskurs, der Austausch, der sachliche Streit leidet. Das Extrem-Beispiel liefert Donald Trump, ein Präsident, der per Twitter regiert und Menschen verdammt. Niemand wird behaupten, dass dies eine demokratiefördernde Art der Kommunikation ist.

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