Kommentar: Regensburg spricht Klartext

24.7.2013, 18:50 Uhr
Kommentar: Regensburg spricht Klartext

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Und dass damit die Causa Mollath eben nicht wieder aufgerollt wird – trotz Intervention von Justizministerin Beate Merk, die die Nürnberger Staatsanwaltschaft angewiesen hatte, einen Wiederaufnahmeantrag zu stellen.

Wer ernsthaft geglaubt hat, dass der Prozess wiederholt wird, ist einem Riesen-Irrtum aufgesessen: An der Rechtskraft eines Urteils, das hier übrigens ein Freispruch wegen Schuldunfähigkeit war, kann eben nur in ganz gravierenden Ausnahmefällen gerüttelt werden. Das ist der Rechtssicherheit geschuldet. Ein paar Formulierungs- und Verfahrensfehler sowie mangelnde Sorgfalt reichen da nicht, auch wenn das für den Laien schwer nachvollziehbar sein mag.

Der Regensburger Beschluss ist also rechtlich einwandfrei. Dennoch ist er ein Schlag ins Gesicht vieler, und zwar nicht nur der treuen Mollath-Anhänger. Vor allem hat sich Mollaths Verteidiger blamiert, der sich medial stets weit aus dem Fenster lehnt. Denn sein Wiederaufnahmeantrag hat mehr oder weniger die Note mangelhaft bekommen: Der Antrag ist nämlich bereits unzulässig, also nicht etwa unbegründet, was in einem zweiten Schritt hätte geprüft werden müssen. Es fehlt also schon an den formellen Voraussetzungen für ein Wiederaufnahmeverfahren. Realisten hatten das längst vorhergesehen.

Insofern wusste auch die hiesige Staatsanwaltschaft, dass sie sich auf dünnes Eis begibt, wenn sie in die allgemeine Urteilsschelte einstimmt. Und der hiesige Generalstaatsanwalt hätte wahrscheinlich den Antrag auch nie von sich aus gestellt. Er tat es aber dennoch auf Anraten des Ministeriums, um die omnipräsente Mollath-Hysterie abzufedern und die Bereitschaft zu signalisieren, die Lage juristisch prüfen zu lassen. Staatsanwälte sind schließlich auch weisungsgebunden und nicht unabhängig wie ihre Richterkollegen.

Eines dürfte klar sein: Sowohl die Ministerin als auch die Staatsanwaltschaft können im Grunde prima mit der Regensburger Entscheidung leben, auch wenn sie Beschwerde eingelegt haben. Sie müssen geahnt haben, dass ihr Antrag ins Leere läuft. Vor allem Beate Merk wollte und will guten Willen zeigen und sich nicht dem Vorwurf aussetzen, Chefin einer maroden bayerischen Justiz zu sein.

Dass Justitia sehr wohl ausgewogen ist, zeigt das Regensburger Landgericht, das sich von dem Hype nicht hat beeindrucken lassen, sondern schlicht Recht angewendet hat.

Nur zur Klarstellung: Der Ausgang eines Wiederaufnahmeverfahrens wäre total ungewiss gewesen. Denkbar ist, dass die Richter Gustl Mollath nicht mehr freigesprochen, sondern wegen Körperverletzung etc. verurteilt hätten. Dann wäre die Empörung am Ende noch größer gewesen.

Außerdem: Die Ablehnung der Wiederaufnahme hat unmittelbar nichts mit einer möglichen Freilassung Mollaths aus der Psychiatrie zu tun. Das wird derzeit andernorts, nämlich am Landgericht Bayreuth, geprüft. Der Fall wird also die Justiz, aber auch die vielen erhitzten Gemüter weiter beschäftigen. Zumal gegen den Regensburger Beschluss und alle weiteren Entscheidungen wieder Rechtsmittel zulässig sind. Das macht eben einen guten Rechtsstaat aus.

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