Kommentar: Religion ist nicht das Problem

19.1.2020, 21:25 Uhr
Kommentar: Religion ist nicht das Problem

© Lino Mirgeler, dpa

„CSU vergrault muslimischen Bürgermeisterkandidaten“ – so oder so ähnlich fassten vor wenigen Tagen vor allem überregionale Medien die Vorgänge im schwäbischen Wallerstein zusammen, wo ein türkischstämmiger Unternehmer wegen mangelnder Unterstützung der CSU-Basis öffentlichkeitswirksam die Bürgermeisterkandidatur zurückzog. Ein gefundenes Fressen für die Hauptstadtjournaille, die ja nicht gerade als heimlicher CSU-Fanclub bekannt ist.

Häme hin, Spott her – auch für die CSU-Spitze war die Episode wenig erbaulich. Dabei mag es
für die mangelnde Begeisterung der Wallersteiner Schwarzen über einen Kandidaten, der noch nicht einmal Parteimitglied ist, auch noch andere Gründe gegeben haben. Jedenfalls dürften sich viele Migranten, die sich bereits heute in der Union engagieren, und das sind nicht wenige, gefreut haben, dass Parteichef Markus Söder und sein Generalsekretär Markus Blume ihr Bedauern äußerten.

Dass jetzt in Neufahrn bei Freising ein junger türkischstämmiger Alevit geräuschlos und ohne Gegenstimme nominiert wurde, dürfte in den Leitmedien deutlich weniger Niederschlag finden (S.11). Dort sind die Verhältnisse freilich ganz anders, denn Ozan Iyibas ist seit zwölf Jahren CSUler, inzwischen stellvertretender Ortsvorsitzender und sitzt seit 2014 im Gemeinderat. Hat die Union also vielleicht gar nicht so das große Problem mit Muslimen, sondern eher mit Quereinsteigern? Wenn ja, dann teilt sie dieses Schicksal allerdings mit allen anderen Parteien.

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