Kommentar: So wird die CSU kaum Grünen-Wähler umstimmen

5.11.2018, 13:01 Uhr
Die neue Regierung in Bayern versucht sich auch an grünen Fragestellungen.

© dpa Die neue Regierung in Bayern versucht sich auch an grünen Fragestellungen.

Lange haben sie nicht gebraucht: CSU und Freie Wähler haben sich auf einen Koalitionsvertrag für die kommenden fünf Jahre geeinigt. Nach den herben Verlusten für die CSU, die insbesondere in den Städten mit den erstarkten Grünen um junge Wähler konkurriert, signalisiert die Dauer-Regierungspartei: Wir haben verstanden.

Die Schwarzen sind offenbar bereit, von den Grünen zu lernen, ohne sie an der Macht zu beteiligen. "Bayern kann grüner werden auch ohne die Grünen", so Ministerpräsident Markus Söder zum Ergebnis der Verhandlungen mit den Freien Wählern.

Viele offene Fragen beim Flächenfraß

Doch stimmt das? Beispiel Flächenfraß: Nach dem ein von den Grünen initiiertes Volksbegehren von Zehntausenden Bürgern unterzeichnet wurde, letztlich aber vor Gericht scheiterte, haben die Koalitionäre das Grünen-Ziel von fünf Hektar pro Tag in ihren Vertrag übernommen: "Auch in Bayern wollen wir sorgsamer mit der Fläche umgehen. Wir werden daher in Bayern eine Richtgröße für den Flächenverbrauch (Siedlungs- und Verkehrsfläche) von fünf Hektar je Tag im Landesplanungsgesetz anstreben. Dazu werden wir gemeinsam mit den Kommunen wirkungsvolle Steuerungsinstrumente entwickeln."

Die große Frage lautet, wie das Gesetz dann tatsächlich ausgestaltet wird und was passiert, wenn die "Richtgröße" überschritten wird - gibt es dann Planungsstopps? Und wie lange soll das Entwickeln der "wirkungsvollen Steuerungsinstrumente" dauern? Hier bleiben einige Fragen offen.

Positiv aus Sicht von Umweltschützern: Die Änderungen im Alpenplan werden rückgängig gemacht, ein von der CSU anvisierter Skilift am Riedberger Horn im Allgäu ist damit vom Tisch. Der Alpenraum soll nun "besonders sensibel" weiterentwickelt werden.

Was ist mit dem Glyphosat-Aus?

Beispiel Bio-Landwirtschaft: Hier haben sich CSU und Freie Wähler auf folgende Formulierung verständigt: "Wir wollen den Anteil an ökologisch bewirtschafteter Fläche in Bayern mittelfristig verdoppeln. Bayern soll  gentechnik anbaufrei bleiben." Das klingt gut - zumindest der Verzicht auf gentechnisch veränderte Pflanzen ist aber nicht neu, sondern ist in Bayern angesichts der breiten Ablehnung durch die Bevölkerung schon seit Jahren politischer Konsens. Und wie wollen die Koalitionäre erreichen, dass mehr Landwirte von konventionellem auf biologischen Landbau umsteigen? Die Antwort bleibt der Vertrag schuldig.

Auch das zuvor in der CSU diskutierte schnellere Aus für das Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat in Bayern hat es nicht in den Koalitionsvertrag geschafft, selbst im Hausgarten dürfen es Hobby-Gärtner weiterhin einsetzen. Dazu heißt es im Vertrag nur recht allgemein: "Ziel muss es sein, den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln zu reduzieren und durch umweltfreundlichere Alternativen zu ersetzen."

Anhänger einer artgerechten Tierhaltung dürften immerhin diesen Passus interessant finden: "Um lange Transportwege zu vermeiden und das Tierwohl zu stärken, wollen wir beispielsweise die Regulierung der Weideschlachtung im Einklang mit den EU-Regeln flexibilisieren mit dem Ziel der Zulassung."

10H-Regel bremst Windkraft weiter aus

Beispiel Klimaschutz: An diesem Thema kommt angesichts immer häufiger werdender Wetterextreme keine Partei mehr vorbei. CSU und Freie Wähler bekennen denn auch: "Wir geben dem Klimaschutz Verfassungsrang und werden ein Bayerisches Klimaschutzgesetz schaffen. Hier wollen wir konkrete CO2-Ziele verankern. Unser Ziel ist es, die Treibhausgasemissionen in Bayern bis 2050 auf unter zwei Tonnen je Einwohner und Jahr zu reduzieren."

Doch bleibt auch hier die Frage, wie das Ziel erreicht werden kann. Insbesondere, weil die 10H-Regelung, wonach ein Windrad zehn Mal so weit entfernt von Wohngebäuden stehen muss, wie es hoch ist, beibehalten wird. Nach Ansicht vieler Experten hat diese bayerische Regel den Windkraftausbau im Freistaat abgewürgt. Die Energiewende wird ohne Onshore-Windkraft jedoch kaum gelingen.

Fazit: Es ist erkennbar, dass CSU und Freie Wähler bei einigen Öko-Themen zumindest verbal grüner werden wollen. Wie sie die vagen Ankündigungen dann tatsächlich in Politik umsetzen, wird man beobachten müssen. Dass der Höhenflug der Grünen davon gestoppt werden kann, ist unwahrscheinlich.

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