Kommentar zum Bußgeldkatalog: Langsam fahren rettet Leben

15.5.2020, 12:36 Uhr
Ein konsequentes Einhalten von Tempolimits würde zweifellos viele Menschenleben retten.

© Marcel Kusch, dpa Ein konsequentes Einhalten von Tempolimits würde zweifellos viele Menschenleben retten.

Da war die Autofahrerlobby wohl doch zu mächtig: Verkehrsminister Andreas Scheuer will seinen unlängst deutlich verschärften Bußgeldkatalog überarbeiten lassen. Viele ärgerte, dass bereits ein Monat Fahrverbot droht, wenn man innerorts 21 km/h zu schnell fährt oder außerorts 26 km/h – also etwa 51 km/h in einer 30-Zone an einem Kindergarten, 71 km/h im Stadtgebiet oder mehr als 126 km/h auf der Landstraße. Ist das wirklich überzogen, reichen da eine „einfache“ Geldstrafen und ein oder zwei Punkte in Flensburg?

Die Antwort lautet: nein, tut es nicht. Wer zu schnell an einer Kita, einer Schule oder einem Altenheim vorbeirauscht, gefährdet das Leben der schwächsten Verkehrsteilnehmer – Kinder und Senioren. Ob schon beim Erstverstoß der Führerschein eingezogen werden muss, darüber kann man reden. Bei Wiederholungstätern aber muss der Lappen weg, denn nur das tut richtig weh. Einen Monat Bus und Bahn nutzen, das ist einem Raser zuzumuten und sicher eine lehrreiche Erfahrung. Weitaus lehrreicher, als ein paar hundert Euro abzudrücken und sich wieder ans Steuer zu setzen, als sei nichts gewesen.


Verkehrssicherheitsrat für generelles Tempolimit auf Autobahnen


Dass der konsequente Schutz schwacher Verkehrsteilnehmer (auch der Radfahrer) Leben rettet, zeigt die finnische Hauptstadt Helsinki: Dort gab es 2019 innerorts keinen einzigen Verkehrstoten, bedingt durch eine Verbesserung des Straßenumfelds, strikte Verkehrskontrollen und der Reduzierung der Geschwindigkeit: In ganz Helsinki gilt Tempo 30, auf den Hauptstraßen Tempo 40. Ganz ähnlich das Bild im norwegischen Oslo: Auch dort starben 2019 keine Fußgänger, Kinder oder Radfahrer – nur ein Autofahrer, der in einen Zaun rauschte.

Zum Vergleich: Allein Berlin verzeichnete letztes Jahr 40 Tote im Straßenverkehr. Bundesweit waren es 3059. Es stimmt, diese Zahl geht jedes Jahr weiter nach unten, und das ist gut so. Aber ein konsequentes Einhalten von Tempolimits würde zweifellos viele Menschenleben retten. Wer das nicht versteht, muss eben Bus fahren. Das ist sicher im Sinne aller Beteiligten.


Tempolimit auf Autobahnen: ADAC nicht mehr dagegen


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