Kommentar zur Bon-Pflicht: Eine Vorschrift für die Papiertonne

21.11.2019, 07:43 Uhr

Er steht im Fürther Rathaus, in einem Seiteneingang. Aber er könnte in ganz Deutschland – und vor allem in Deutschland – stehen: der Amtsschimmel. In Fürth sitzt ein Bürokrat auf dem malträtierten Pferd und brütet über einem dicken Buch. Sicher voller Vorschriften.

Um nicht missverstanden zu werden: Es braucht Vorschriften, es braucht Regeln, Gesetze, es braucht auch Verbote für ein gedeihliches, möglichst reibungsloses Zusammenleben. Haben wir davon genug? Die meisten sagen: Ja, mehr als genug. Andere fordern, siehe das Thema Klima, neue Regeln und auch Verbote.

Darüber lohnt sich Streit in der Sache, denn natürlich muss jedes Gesetzeswerk aktualisiert und an veränderte Herausforderungen angepasst werden. Das ist ein Punkt, der bei der zusehends aufgeladenen Debatten-Atmosphäre zu wenig berücksichtigt wird. Und gerade beim Thema Bürokratie kochen Emotionen hoch. Klar, jede(r) hat sich schon geärgert über Behörden und ihre (vermeintliche) Willkür, über Vorschriften, Gesetze und vor allem darüber, wie diese kontrolliert oder auch nicht kontrolliert werden.


Erhebliche Kosten: Einzelhandel fürchtet sich vor Bon-Pflicht


Für den aktuellen Aufreger, die Bon-Pflicht auch in kleinen Bäckereien oder Metzgereien, gibt es einen buchungstechnisch absolut sinnvollen Grund: Natürlich darf es nicht sein, dass manche schwarzen Schafe unter den Betrieben Geld massenweise am Fiskus vorbei in die eigene Tasche wirtschaften. Aber dazu reichen die entsprechend ausgestatteten elektronischen Kassen aus. Warum die armen Bäcker wirklich noch einen Kassenzettel über die Theke reichen müssen für ein paar Semmeln, das können die dafür Verantwortlichen nicht wirklich gut erklären. Abgesehen davon, dass so ausgerechnet in Zeiten von Nachhaltigkeit und Ressourcen-Schonung neue Abfallmengen entstehen, die noch dazu oft nicht in die Papiertonne sollen. Dort darf aber bitte die Vorschrift mit dem Bon-Zwang landen!

Zu viele Geld- und Zeitfresser

Insgesamt, das wird viele erstaunen, kommt Deutschland in Sachen Bürokratie-Abbau nicht mal so schlecht voran. Einen Negativ-Schub gab es mit der Einführung des Mindestlohns: Die Dokumentationspflicht kostet viele Kleinunternehmer oder Gastronomen zu viel Zeit. Insgesamt aber ist die Bilanz beim Zurückfahren von Vorschriften ordentlich. Kürzlich kündigte Wirtschaftsminister Altmaier die Abschaffung der gelben Krankmeldungs-Zettel an, neben weiteren Entlastungen, mit erheblichem Einspar-Potenzial. Da ist noch mehr Luft.

Interessant ist übrigens diese Statistik: Die mit Abstand wenigsten neuen Vorschriften oder Gesetzesänderungen entstanden in jenen Monaten, in der Deutschland auf die neue GroKo wartete, und in deren Anfangsphase, als man sich erst finden musste. So ein Regieren light wäre für weniger Bürokratie nicht das Schlechteste.

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